Shitstorm gegen J.K. Rowling

"Sprachrohr einer äußerst menschenfeindlichen Bewegung"

06:52 Minuten
Die britische Autorin J.K. Rowling trägt eine grüne Jacke.
In der Kritik wegen transfeindlicher Äußerungen: Die britische Schriftstellerin J.K. Rowling wird im Internet hart attackiert. © Picture Alliance / dpa / AP / Christophe Ena
Sibel Schick im Gespräch mit Massimo Maio · 21.09.2020
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"Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling wird Transfeindlichkeit vorgeworfen. Online werden nun auch ihre Bücher verbrannt. Die Gründe dafür würden zu wenig reflektiert, meint die Journalistin Sibel Schick.
"Rest in Peace, J.K. Rowling", das war die in den letzten Tagen auf Twitter zu lesen. Manchmal kam noch ein Grabstein mit der Aufschrift "Bedeutungslose Trans-Feindin" hinzu. Auf der Plattform TikTok wiederum gibt es Videos, in denen "Harry Potter"-Bücher verbrannt werden.

Fragwürdige Veröffentlichung

Ausgelöst wurden diese Reaktionen durch die jüngste Buchveröffentlichung der "Harry Potter"-Autorin. Es handelt sich um den Krimi "Böses Blut", der unter dem Pseudonym Robert Galbraith erschienenen ist. Galbraith war ein Pionier der sogenannten Konversionstherapie, der vorgab, Homosexuelle zu heilen. In "Böses Blut" gebe es zudem transfeindliche Andeutungen, meinen Kritikerinnen und Kritiker.
Rowling betreibe seit Monaten transfeindliche Propaganda, behauptet die Autorin und Journalistin Sibel Schick. Vor diesem Hintergrund müssten auch die Reaktionen im Netz gesehen werden. Diese als "Hass" zu beschreiben, lehnt sie ab.

Schwarz-Weiß-Denken nicht hilfreich

Schick kritisiert, dass in der Debatte um Rowlings Äußerungen nicht gefragt werde, was diese für die Betroffenen bedeuteten. Rowlings "Täterinnenrolle" trete damit "komplett in den Hintergrund".
Dies liege "an unserem Schwarz-Weiß-Denken, dass eine Täterin nicht Opfer sein kann und ein Opfer nicht Täterin sein kann", so die Journalistin. Wichtig sei es aber, genau hinzuschauen.

Bücherverbrennungen wirken in Deutschland "gewaltvoll"

Natürlich gebe es im Internet derzeit beleidigende Kommentare, die sich nicht mit den Inhalten auseinandersetzten. Und auch die Bilder der Bücherverbrennungen wirkten in Deutschland selbstverständlich sehr gewaltvoll, sagt die Journalistin, fügt aber hinzu:
"Diese Videos werden ja nicht in Deutschland von Nazis gedreht, die eine marginalisierte Gruppe auslöschen wollen. Es geht nicht um eine gesamte Gruppe, die mit ihrer Kultur, mit ihrer Identität, mit ihrer Vergangenheit vernichtet werden soll. Es geht um eine Autorin, und zwar um J.K. Rowling, die als Sprachrohr einer äußerst menschenfeindlichen Bewegung agiert."
Rowling, unterstreicht Schick, werde nicht per se als Frau an sich, sondern für ihre Positionen kritisiert.
(rzr)

In unserer Literatursendung sprachen wir mit Rowling-Expertin Elena Gorgis über den Roman, den sie nicht ganz so fragwürdig findet. Diskussionswürdiger sei ein Essay, den Rowling auf ihrer Website veröffentlicht hat. Hören Sie hier unser Gespräch:
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