J.K.Rowlings Gender-Tweets

Streit um die Festlegung von Geschlechtern

11:24 Minuten
Archivporträtfoto von "Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling aus dem Jahr 2018.
"J.K. Rowling handelt und denkt zu 90 Prozent im Prinzip richtig", sagt Catherine Newmark. © Invision/AP Photo
Catherine Newmark im Gespräch mit Vladimir Balzer · 11.06.2020
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J.K.Rowling polarisiert: Als Vertreterin einer älteren Generation von Feministinnen wird sie von jungen Aktivistinnen wegen transfeindlicher Aussagen attackiert. Die Philosophin Catherine Newmark ordnet die Debatte ein und erklärt, warum es nicht nur um Toiletten geht.
Die Debatte darum, was Geschlecht ausmache, sei auch deshalb so aggressiv, weil es ein Kampf verschiedener Aktivistengenerationen sei, sagt Catherine Newmark. Die Philosophin arbeitet für Deutschlandfunk Kultur im Ressort Philosophie.
"In England gibt es eben die Trans-Aktivisten auf der einen Seite und auf der anderen Seite das, was man so die alten weißen Frauen des Feminismus nennen könnte, was die Trans-Aktivisten 'TERF' nennen."

Zwei Aktivistengenerationen

Die ältere Aktivistengeneration, die TERF (kurz für "Trans-Exclusionary Radical Feminists"), stehe für irrationale Ängste, dass "jede Toilette voll von Männern sei, die sich ganz frivol einfach abends entscheiden würden, Transen zu werden", um dann Frauenräume zu erobern. Dieser ältere Feminismus wolle die Frau als Subjekt ins Zentrum stellen mit dem Motto: "Als Frauen sind wir diskriminiert, als Frauen müssen wir uns wehren."
Auf der anderen Seite stünden die Trans-Aktivisten, die einen sehr heftigen Kampf in den sozialen Medien führten, "der eben auch sehr beschimpfend und sehr emotional geführt wird", so Newmark. Im Gegensatz dazu habe sich J.K.Rowling eher moderat geäußert, die sage, dass Geschlechter biologisch festgelegt sind. Dies stimme zwar in dieser Verkürzung nicht, "im Straßenverkehr" würde dies allerdings nicht dazu führen, dass man beschimpft und transfeindlich eingestuft würde.

Ein Ziel, das aus den Augen geraten ist

Der Streit der Zugehörigkeit, ob man biologisch festgelegt sei oder das Sozialverhalten als Mann oder Frau entscheide, sei ein theoretischer, erläutert Newmark: "Und wir lösen aber gar nicht das auf, was wir eigentlich auflösen wollen, nämlich dass Menschen, die Männer und Frauen sind, freier leben können. Also dass Jungen rosarote Ballettkleider anziehen können und das Mädchen Fußball spielen können. Also dieses 'Wir wollen die Geschlechterrollen ändern, nicht die Geschlechter.'"
Zudem tauche bei der Debatte dass typische Problem sozialer Netzwerke auf, dass es darum gehe, auf der richtigen Seite und der richtigen Meinung zu sein, so Newmark:
"Dass die reine Lehre so wichtig wird und es nicht mehr um Allianzen geht. J.K. Rowling handelt und denkt, so würde ich sagen, zu 90 Prozent im Prinzip richtig, äußert aber an gewissen Stellen einen Dissens." Da werde dann sehr heftig zugeschlagen, findet Newmark, als Ausdruck von Diversität der Meinungen, die aber möglicherweise trotzdem das Gleiche wollten, "nämlich eine freiere und inklusivere Welt."
(mle)
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