Schulleitungsmonitor

Wie geht es dem Führungspersonal an Deutschlands Schulen?

Heinz Rühmann und Hans Leibelt als Schüler und Direktor im Film "Die Feuerzangenbowle" (1944)
Die Arbeit eines Schuldirektors war schon immer keine einfache - die heutigen Schulleiter haben jedoch mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen als ihre früheren Kollegen. © picture-alliance / akg-images / akg-images
14.06.2023
Eine neue Studie nimmt die Situation von Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleitern in den Blick. Diese wünschen sich vor allem mehr Personal - und würden sich auch über mehr Entscheidungsfreiheit sowie weniger Stress und Bürokratie freuen.
Eine neue Untersuchung widmet sich detailliert der Arbeitswelt von Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleitern. Hinter dem Schulleitungsmonitor stehen die Wübben Stiftung Bildung, die Pädagogische Hochschule FHNW, die Leuphana Universität Lüneburg, die Universität Tübingen und die Pädagogische Hochschule Vorarlberg.
Grundlage der Studie ist eine - nach Angaben der Wissenschaftler - repräsentative Befragung von 1007 Schulleiterinnen und Schulleitern an allgemeinbildenden Schulen aller Schulformen aus allen Bundesländern. Die erste Erhebung wurde im Herbst 2022 durchgeführt.
Das Projekt ist als Längsschnittstudie angelegt, die teilnehmenden Schulleitungen sollen im Abstand von mehreren Jahren wiederholt befragt werden. Ziel ist es, langfristig auch Entwicklungsverläufe und Trends abzubilden.

Wie geht es dem Führungspersonal an Deutschlands Schulen?

Laut der Studie sind die meisten Schulleitungen eigentlich sehr zufrieden mit ihrer Arbeit, könnten aber zugleich deutlich mehr Ruhe brauchen. Ein Großteil stimmt den Aussagen eher zu oder voll zu, dass sie ausgesprochen froh sind, an „ihrer“ Schule zu arbeiten (92 Prozent), mit ihrer Arbeit viele wertvolle Dinge erreicht (91 Prozent) und richtig Freude daran zu haben (82 Prozent).
Der Untersuchung zufolge werden die Schulleiterinnen und Schulleiter in der Regel aber auch stark beansprucht. 40 Prozent arbeiten mehr als 50 Stunden pro Woche. Dabei empfindet über die Hälfte (57 Prozent) das Arbeitstempo als belastend. Zudem geben mehr als 75 Prozent der Befragten an, dass sie oft oder sehr oft auf Pausen verzichten, länger als vertraglich vereinbart arbeiten und auch in ihrer Freizeit für Schülerinnen, Schüler und Eltern erreichbar sind.
Knapp jede fünfte Schulleitung denkt vor diesem Hintergrund darüber nach, die Leitung der eigenen Schule aufzugeben, sobald sich eine bessere Möglichkeit bietet. Sechs Prozent planen sogar, ihre Schule so schnell wie möglich zu verlassen. Knapp ein Viertel (23 Prozent) machte diesbezüglich gar keine Aussage.
„Somit besteht die Möglichkeit, dass rund ein Viertel der Befragten ihrer aktuellen Schule in mittelbarer Zukunft den Rücken kehren und zumindest ein Teil davon vermutlich auch das Schulsystem insgesamt verlassen wird“, warnen die Autoren der Studie. Der Anteil der wechselwilligen Schulleiterinnen und Schulleiter sei im Vergleich zu einer Vorläuferstudie aus dem Jahr 2019 gestiegen, heißt es.

Wo sehen sich die Schulleiterinnen und Schulleiter besonders herausgefordert?

Fast ein Viertel der befragten Schulleitungen (23 Prozent) verorten ihre Schule in einem sozialen Brennpunkt. Dies bringt häufig besondere Herausforderungen für Schulleitungen und Lehrkräfte mit sich. Menschen in den Einzugsgebieten solcher Schulen weisen oft ein hohes Armutsrisiko, geringere Bildungsressourcen und eine schwächere soziale Mobilität auf.
Die Corona-Pandemie hat zudem gezeigt, welchen Aufholbedarf es in Sachen Digitalisierung an deutschen Schulen gibt. 80 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter gaben jetzt im Rahmen der Befragung an, neue Unterrichtsmethoden mit digitalen Medien in der Schule zu thematisieren.
Knapp die Hälfte glaubt, mit dem Einsatz von digitalen Medien bei der eigenen Unterrichtstätigkeit ein Vorbild für die anderen Lehrkräfte zu sein. Doch genauso viele glauben zugleich nicht, im Kollegium den Ruf genießen, eine Expertin oder ein Experte für guten Unterricht mit digitalen Medien zu sein.

Wie ist das Verhältnis der Schulleitungen zum Lehrkörper und zur Aufsicht?

Nach der Studie haben die Schulleitungen sehr viel Vertrauen in die an der Schule tätigen Lehrerinnen und Lehrer. Sie nehmen ihre Lehrkräfte als kompetent, ehrlich, zuverlässig und einsatzbereit wahr. Zugleich schätzt sich die große Mehrheit der Schulleitungen auch selbst als kooperativ, lösungsorientiert und aufgeschlossen ein.
Das Verhältnis der Schulleitungen zur Schulaufsicht könnte hingegen sehr viel besser sein: 40 Prozent der Befragten gaben mangelndes Vertrauen an. Die Schulleiterinnen und Schulleiter benötigen nach eigenen Angaben mehr Unterstützung von der Schulbehörde und vom Ministerium (74 Prozent) sowie vom Schulträger (65 Prozent). Fast zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) bejaht die Aussage eher oder ganz, Entscheidungen, die für die Arbeit wichtig sind, nicht beeinflussen zu können.

Wie würden die Schulleitungen Deutschlands Lehranstalten verbessern?

Im Rahmen der Studie wurden die Schulleiterinnen und Schulleiter abschließend mit einer offenen Frage gebeten, den zentralen Punkt für eine Verbesserung der Schulen zu benennen. 38 Prozent thematisierten die Ausstattung der Schule. Hier ging es vor allem um digitale, infrastrukturelle, finanzielle und personelle Ressourcen.
Über ein Viertel aller Vorschläge sieht in der Anstellung von mehr Lehrerinnen und Lehrern das zentrale Moment, um Schule zu verbessern. „Die häufigen Nennungen unterstreichen die Brisanz des Lehrkräftemangels und die große Bedeutung von Lehrkräften für eine hohe Schulqualität“, schreiben die Autoren der Studie.
Viele der führenden Pädagogen wünschen sich zudem eine Reduzierung der eigenen Arbeitsbelastung, mehr Möglichkeiten, Aufgaben zu delegieren, mehr Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit und weniger bürokratische und administrative Aufgaben. Der Studie zufolge nehmen administrative Angelegenheiten fast ein Drittel der wöchentlichen Arbeitszeit ein.

ahe
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