Fitzek / Beisenherz: "Schreib oder stirb"

Rückzugsort chauvinistischer Männlichkeit

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Auf dem Buchumschlag des Thrillers "Schreib oder stirb" von Sebastian Fitzek und Micky Beisenherz sind in oranger und roter Schrift bildfüllend Namen und Titel zu lesen. Daruter fällt durch eine geöffnete rote Tür ein oranger Lichtschein.
© Verlag Droemer Knaur

Sebastian Fitzek, Micky Beisenherz

Schreib oder stirbDroemer Knaur, München 2022

336 Seiten

19,99 Euro

Von Miriam Zeh  · 30.03.2022
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Wenn Fitzek und Beisenherz als männliches Autoren-Tandem loslegen, ist der Bestseller garantiert. Doch der Thriller über einen erfolgreichen Literaturagenten und einen psychisch kranken Verbrecher entwickelt sich lustlos, findet unsere Rezensentin.
So weitverbreitet die hehren Ideale in Literaturredaktionen auch sein mögen, Romane dienen nicht nur der inneren Erbauung, Zerstreuung oder Bildung. Schreiben ist immer auch Arbeit am Ego, ein Werkzeug der Identität.
Über Literaturnobelpreisträger, die von Tolstoi, Homer und Cervantes kommen, bis zur bunt bebilderten Autobiografie der Fernsehprominenz ist das Buch dabei nach wie vor Hort eines mancherorts schon totgesagten Phänomens: der Männlichkeit.

Garant für die Genialität des anderen

Das findet sich auch bei dem prominent besetzten Schreibtandem Sebastian Fitzek (Thrillerfabrikant) und Micky Beisenherz (Comedy-Autor). Die Motivation des gemeinsamen Aufbäumens wird schon im Vorwort deutlich: Wo zwei Männer gemeinsam schreiben, ist einer stets Garant für die Genialität des anderen.
Micky Beisenherz zum Beispiel als Comedy-Autor vorzustellen, sei etwa so, schreibt Fitzek, wie Elon Musk einen Autoverkäufer zu nennen. An dieser selbstbestimmten Größenordnung des eigenen Tuns sollen auch im weiteren Verlauf der 63 schematisch gebauten Kapitel von „Schreib oder stirb“ keine Zweifel aufkommen.

Gags verkümmern auf Langstrecke

Selbstbewusst setzt denn auch Hauptfigur und Icherzähler David Dolla zunächst einen flotten Spruch nach dem nächsten. Der erfolgreiche Literaturagent wird von einem vermeintlichen Kindesentführer in die Psychiatrie bestellt.
Einen Buchdeal über eine Million Euro Vorschuss soll Dolla aushandeln und mit dem metafiktionalen Roman über einen Literaturagenten, der einen Roman für einen Kindesentführer schreibt, gleich selbst anfangen. Sonst stirbt die kleine Pia in einem Bunker im brandenburgischen Nirgendwo.
Was im Kleinen mit Gags „von dem typischen Beisenherz-Humor“ beginnt, über den sich immerhin noch streiten ließe, verkümmert kläglich auf der Langstrecke. Der Kriminalfall entwickelt sich genauso lustlos, wie Fitzek-Fans es kennen und – zumindest dem kommerziellen Erfolg zufolge – lieben.
Verbrecher handeln vornehmlich auf Basis psychischer Krankheit, die Auflösung des Falls kommt urplötzlich durch billige Verwechslungstricks zum Vorschein und eine Folterszene darf natürlich auch nicht fehlen – von den Folterfantasien, die Dollas erfolgreichster Klient und ehemaliges Clan-Mitglied sich für diejenigen Rezensenten ausmalt, die seinen Roman verreißen, ganz abgesehen.

Frauen müssen gerettet werden

Und weil sich Fitzek und Beisenherz schon „optisch und sportlich kaum unterscheiden“, wie es im Vorwort heißt, sind sie sich offensichtlich auch bei ihren Frauenfiguren rasch einig geworden. Sofern nicht jenseits der 50 wie Dollas kettenrauchende, schlecht gelaunte, aber dem Chef stets loyale Assistentin, stehen sie als Statussymbole in der Gegend herum oder wollen gerettet werden.
Dollas Verlobte, schutzloses Opfer gleich mehrfacher Gewalterfahrungen, verbringt den Großteil des Romans im künstlichen Koma. Die Ex-Freundin des an Literatur erstaunlich uninteressierten Literaturagenten wird als „jedermanns Traumfrau“ eingeführt, „so schlank, dass sie Jacken und Blusen in der Kinderabteilung einkaufen könnte, wäre da nicht ihre Oberweite.“
Wer sich um chauvinistische Männlichkeit sorgt, kann also beruhigt sein. In diesem Roman wird sie verteidigt. „Schreib oder stirb“ dürfte bald die Bestsellerlisten anführen.
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