Schlaftypen

Von Eulen, Lerchen und der inneren Uhr

Ein Wecker steht auf dem Nachttisch, eine Frau liegt im Hintergrund im Bett und streckt ihre Hand nach ihm aus.
Beim Weckerklingeln morgens um sechs Uhr immer todmüde und wie gerädert? Dann ist man eher der Schlaftyp "Eule". © picture alliance / Zoonar / Sunan Wongsa-nga
16.03.2024
Mit Hilfe eines neuartigen Haartests lässt sich einfach ermitteln, ob man eher der Schlaftyp "Eule" oder "Lerche" ist. Das wiederum gibt Aufschluss über unsere innere Uhr. Dauerhaft gegen sie zu leben kann krank machen.
70 bis 80 Prozent der Menschen nutzen einen Wecker: Viele müssen früh raus, zur Arbeit, und können nicht einfach ausschlafen. Für manche ist das kein Problem, sie kommen schnell in die Gänge. Andere leiden darunter und empfinden es als Qual.
Wie der Tag beginnt, liegt vor allem daran, welcher Schlaftyp man ist. Neuerdings gibt es einen einfachen Test, um den Schlaftyp zu bestimmen. Wer danach seinen Lebensrhythmus ausrichtet, senkt das Risiko für gesundheitliche Probleme.

Welche Schlaftypen gibt es?

Die Schlafforschung unterscheidet klassisch "Lerchen" und "Eulen": Die einen sind die Frühaufsteher, die anderen kommen abends auf Touren. Möglich auch, dass man irgendwo in der Mitte liegt.
Unsere innere Uhr, die vorgibt, wann wir schlafen sollten und wann wir am besten aktiv sind, wird von einem genetischen Programm bestimmt. „Es gibt Gene und Proteine, die wie kleine Zahnrädchen ineinandergreifen und in jeder Zelle einen 24-Stunden-Rhythmus (...) erzeugen“, erklärt der Chronobiologe Achim Kramer.

Wie funktioniert der Test, um den Schlaftyp zu ermitteln?

Unsere molekulare innere Uhr befindet sich in jeder Zelle. Wenn wir uns zum Beispiel ein Haar ausreißen, dann ist da oft noch eine kleine weiße Verdickung, die Haarwurzel, dran. In diesen Haarwurzeln befinden sich lebende Zellen, die dann untersucht werden können.
Von den etwa 20.000 Genen im menschlichen Körper seien etwa zehn bis 20 Prozent zu unterschiedlichen Tageszeiten aktiv, berichtet der Chronobiologe Achim Kramer. Wenn man dann morgens eine Probe nehme und feststelle, dass die Nachtgene noch aktiv seien und die Morgengene noch nicht, dann sei für diesen Menschen innerlich noch Nacht und es lasse sich auf den Schlaftyp "Eule" schließen.
Kramer hat zusammen mit anderen Forschern an der Charité in Berlin diesen weltweit neuartigen Haartest entwickelt und ist dafür mit dem Deutschen Schlafpreis 2024 in der Kategorie "Wissenschaft und Innovation" ausgezeichnet worden.

Lange Erforschung der "inneren Uhr"

In der Forschung gab es schon vorher zahlreiche Experimente zum Thema "innere Uhr", auch "zirkadianer Rhythmus" genannt. Dieser Begriff stammt aus den 1960er-Jahren, als festgestellt wurde, dass der Tag eines durchschnittlichen Menschen etwas länger als 24 Stunden ist. So diente zum Beispiel ein Bunker in Bayern als Forschungsstätte, in dem Probanden für Wochen isoliert wurden, um ihren natürlichen Rhythmus zu beobachten.
Später untersuchten Forscher etwa die Auswirkungen von Schichtarbeit auf den Schlaf und die Gesundheit. Konzepte wie "Chrono-Hygiene" wurden entwickelt, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Zeithistorikerin Hannah Ahlheim weist darauf hin, dass sich das Verständnis von Schlaf im Laufe der Zeit in Forschung und Gesellschaft deutlich verändert hat. "Wissenschaftler träumten in den 1920er-Jahren von einem beschleunigten Schlaf, von einem reduzierten Schlaf, von einem Schlaf, der in die rationalisierte, technisierte Welt passt. Erst seit den 1960er-, -70er, -80er-Jahren konnte sich die Vorstellung von der biologischen Uhr in der Wissenschaft, in der Arbeitswelt, vor allem aber auch in Alltagsdiskursen über das Leben, über den Schlaf, über die Leistungsfähigkeit und auch über das Lebensglück durchsetzen", so die Wissenschaftlerin.

Welche Folgen hat es, wenn wir gegen unsere innere Uhr leben?

Ständig gegen die innere Uhr zu leben, kann gesundheitliche Probleme verursachen. Das betrifft zum Beispiel Schichtarbeiter. Bei ihnen konnte man nachweisen, dass sie für viele Volkskrankheiten ein erhöhtes Risiko tragen - bis hin zu Krebs, Stoffwechselerkrankungen und psychiatrischen Störungen. 
Gibt es große Unterschiede im eigenen Schlafverhalten an Arbeitstagen und dem am Wochenende, "ist der soziale Jetlag besonders ausgeprägt“, sagt Achim Kramer. Das sollte man als Alarmzeichen nehmen, rät der Wissenschaftler - und überprüfen, ob sich die Differenz reduzieren lässt.
Die Präsidentin der niedersächsischen Ärztekammer, Martina Wenker, fordert insgesamt ein "neues Schlafbewusstsein". Gerade in den Industriegesellschaften sei immer weniger Raum für Zeiten notwendiger Erholung. Schlaf sei keineswegs ein passiver Zustand, so Wenker, sondern ein "Hochleistungsbetrieb" voller Stoffwechselprozesse, Reparaturarbeiten, Erholung und psychischer Verarbeitung. Schlafstörungen seien oft auf die Diskrepanz zwischen dem 25-Stunden-Rhythmus der inneren Uhr vieler Menschen und dem üblichen 24-Stunden-Tag zurückzuführen.

Wie lässt sich die innere Uhr unterstützen?

„Wir sind als Gesellschaft insgesamt im Durchschnitt zu früh dran“, stellt Kramer fest. Sein Tipp: "intelligent" mit Licht umgehen. Licht sei ein „Zeitgeber“. Es liefere ein „Signal, von der Umwelt auf unsere innere Uhr“.
Wer also eine "Eule" ist und morgens kaum aus dem Bett kommt, für den empfiehlt es sich, früh ans Licht zu gehen: zum Beispiel mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. So bekommt die innere Uhr das Signal: Es ist schon Tag. Auf der anderen Seite sollte eine "Eule" dann abends versuchen, auf helles Licht zu verzichten. 
Professor Ingo Fietze vom Schlafmedizinischen Zentrum der Charité in Berlin weist auch darauf hin, dass die meisten Menschen zwischen den "Eulen" und "Lerchen" liegen. Dennoch hat er einen Tipp für alle Schlaftypen: Das ideale Schlaffenster, um die beste Schlafqualität zu erreichen, liege zwischen 22 und 6 Uhr. Die Zeit sei unter anderem deshalb ideal, da dann die Körpertemperatur am niedrigsten und das Stresshormon Cortisol ebenfalls niedrig sei.

mfied, og
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