Russlands Waffen in Afrika

Kalaschnikows und Wagner-Söldner

27:26 Minuten
Soldat der malischen Armee mit Kalaschnikow AK-47 im Dorf Gao
Soldat in Mali: Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI kommen inzwischen 49 Prozent der gesamten Waffenimporte Afrikas aus Russland. © imago images/Joerg Boethling
Von Antje Diekhans und Thielko Grieß · 22.03.2022
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Die Hälfte der Länder Afrikas hat Russlands Einmarsch in die Ukraine bei der UN-Generalversammlung nicht verurteilt. Das liegt auch daran, dass Russland inzwischen der wichtigste Waffenlieferant des Kontinents ist und Söldner in Autokratien schickt.
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Waffenexporte Russlands an afrikanische Länder erheblich zugenommen. Laut dem schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI kommen inzwischen 49 Prozent der gesamten Waffenimporte Afrikas aus Russland. Dahinter liegen Frankreich, die USA und China.

Einfluss in Afrika wächst seit Krim-Annektion

Die Neuorientierung erfolgte nach der russischen Annektion der Krim 2014 und den verhängten Sanktionen. Die russische Regierung suchte nach neuen Partnern für eine wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit: Zwischen 2015 und 2019 schloss sie 19 Verträge mit afrikanischen Staaten über eine militärische Kooperation. Dabei geht es um Luftabwehrsysteme, Kampfhubschrauber, Panzer und vor allem Sturmgewehre aus der Reihe Kalaschnikow.
Hauptabnehmer-Länder in Afrika waren bisher Algerien und Ägypten. Aber in jüngster Zeit gibt es weitere Verträge mit den beiden bevölkerungsreichsten Ländern des Kontinents: Nigeria und Äthiopien. Im Fall von Nigeria gab es zuvor eine Absage der USA von einem geplanten Waffengeschäft wegen Menschenrechtsverletzungen der nigerianischen Regierung. Die unterschrieb weniger als einen Monat später einen Vertrag mit Russland über die Lieferung von Militärgeräten und die Ausbildung nigerianischer Truppen durch russische Soldaten. So wächst der Einfluss Russland in Afrika stetig.
Das zeigt auch die Abstimmung bei der UN-Generalversammlung Anfang März. Die Hälfte der afrikanischen Länder verurteilte nicht den Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine. 25 Länder enthielten sich, kamen gar nicht erst zur Abstimmung oder stimmten gegen die Resolution wie Eritrea.

Kriegsverbrechen von Wagner-Truppen

Das liegt auch an der Wagner-Truppe. Die tauchte 2017 in Afrika erstmals in der Zentralafrikanischen Republik sichtbar auf. Sie unterstützte den Präsidenten Faustin Archange Touadéra und schlug Aufstände gegen ihn nieder. Schätzungen zufolge sind mehr als 1500 dieser russischen Söldner in dem Land, das reich ist an Gold, Diamanten und Uran. Weitere Länder, in denen die Wagner-Truppe Einsätze hat oder hatte, sind Mosambik, Tschad, Mali, Sudan, Südsudan und Libyen.
Offiziell bestreitet der Kreml eine Beziehung zu den russischen Söldner-Truppen zu haben. Auch wegen der Gräueltaten, die unter anderem ein Video aus dem Syrien-Krieg zeigt: Ein Kämpfer des Islamischen Staates wird darin gefoltert und getötet. Es ist ein Kriegsverbrechen aus dem Jahr 2016 oder 2017, besonders enthemmt, aber wohl nicht das einzige.
Das Video tauchte zunächst in sozialen Netzwerken auf. Die russische unabhängige Tageszeitung "Nowaja Gaseta" stellte dann in langwieriger Recherche die Zusammenhänge her und konnte schließlich einen der Söldner identifizieren. Stanislaw, so sein Vorname. Sein Nachname könne den Ermittlungsbehörden genannt werden, so die Zeitung. Aber die interessierten sich offenbar nicht für das Verbrechen: Es ist nicht bekannt, dass es zu einem Prozess gekommen wäre.

Hinweise auf den Kommandanten

Der russische Staat deckt offenbar die Aktivitäten der Wagner-Truppe. Wie genau sie sich finanziert, und wer sie kommandiert, ist nicht öffentlich bekannt. Jedoch gibt es Hinweise.
Nach russischem Gesetz sind private Söldnerfirmen verboten. Die Männer treten in ihren Auslandseinsätzen ohne Hoheitsabzeichen auf, sind meist mit Waffen gut ausgestattet. Wie sehr sie in militärischen Belangen trainiert sind, darüber gibt es unterschiedliche Angaben.
Die Söldner sind in immer mehr Ländern gesichtet worden. Zuerst auf der Krim 2014, als Russland sie annektierte, dann im Osten der Ukraine, als Kiew die Kontrolle über Teile der Regionen von Donezk und Lugansk verlor. Auch jetzt soll die Miliz bei Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wieder dabei sein.

Richard Wagner als Namensgeber

In Syrien werden die Wagner-Söldner am Boden eingesetzt, während die russische Armee den Luftraum beherrscht. Ziel sind oft auch Rohstoffe: Die Assad-Regierung sichert nach Berichten einen Teil der Rohölförderung einer Firma zu, die im Umfeld des Geschäftsmannes Jewgenij Prigoschin verortet wird. Der kennt Wladimir Putin seit Jahrzehnten.
Prigoschin arbeitet mit Dmitrij Utkin zusammen, einem früheren russischen Geheimdienstler. Alle beide wurden im Kreml empfangen. Während Prigoschin mindestens als Förderer der paramilitärischen Wagner-Gruppe gilt, soll Uktin ihr Gründer sein.
Den Namen „Wagner“ soll Utkin gewählt haben, weil der Antisemit Richard Wagner zu den Lieblingskomponisten Adolf Hitlers gezählt habe.

Laut Putin keine russischen Söldner in Libyen

Auch in Libyen sind die Wagner-Truppen aktiv: In einem Video ist Geschäftsmann Prigoschin zu sehen, bei einem Treffen des russischen Verteidigungsministers gemeinsam mit dem libyschen General Haftar. Der erhält aus Russland diplomatische und militärische Unterstützung im Kampf um die Zukunft des ölreichen nordafrikanischen Staates.
Der Kreml allerdings streitet die Existenz und Präsenz von „Wagnerowzy“, wie die Kämpfer auf Russisch genannt werden, ab. Auf die Frage des Deutschlandfunks nach der Präsenz in Libyen antwortete Wladimir Putin im Januar 2020:
„Wenn es dort russische Staatsbürger geben sollte, vertreten sie nicht die Interessen des russischen Staates. Und sie erhalten vom russischen Staat kein Geld.“
Die Geheimhaltung rund um die Wagner-Kämpfer, von denen es an allen Standorten weltweit mehrere tausend geben soll, wird mit allen Mitteln verteidigt. Als ein Team der "Nowaja Gaseta" in der Zentralafrikanischen Republik zur Präsenz russischsprachiger, bewaffneter Männer recherchieren wollte, wurden drei Journalisten erschossen.

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