Documenta 15

Mangel an offener Kommunikation

11:00 Minuten
Reza Afisina (links) vom Kuratorenkollektiv Ruangrupa und Leon Schniewind, Inhouse Desinger bei der documenta, stehen mit Grußkarten bei der Vorstellung des neuen Logo der documenta fifteen.
Keine glückliche Hand in der Antisemitismusdebatte: Reza Afisina (links) vom Documenta-Kuratorenkollektiv Ruangrupa © picture alliance / dpa / Swen Pförtner
Meron Mendel im Gespräch mit Britta Bürger · 10.05.2022
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In einem offenen Brief haben die Documenta-Kuratoren die Absage ihres Antisemitismusforums erläutert. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, bedauert deren schlechte Kommunikation und hätte eine Idee, wie es besser klappen könnte.
Nach Vorwürfen des israelbezogenen Antisemitismus gegen einzelne Künstler der Documenta 15 sollte öffentlich in Kassel mit Fachleuten diskutiert werden. Doch dazu kam es nicht: Das Documenta-Kuratorenteam Ruangrupa sagte das Forum ab, auch wegen Kritik des Zentralrats der Juden an der Zusammensetzung der geplanten Foren. Mit einem offenen Brief in der Berliner Zeitung legten die Kuratoren nun nach.
Dass Podiumsteilnehmer abgesagt hätten, weil sie das Gespräch mit bestimmten Wissenschaftlern nicht führen wollten, treffe auf ihn nicht zu, sagt Meron Mendel. Er ist der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main.

Brief ohne Zustimmung von Referenten

Mendel sagt, man habe ihn vor der Veröffentlichung des Briefes nicht nach seiner Meinung befragt. Auch habe es nach seiner Zusage zum Diskussionsforum so gut wie keine Kommunikation zwischen ihm und den Veranstaltern gegeben. Das habe ihm „zunehmend Bauchschmerzen bereitet“.
„Teile der Referenten wurden gar nicht angefragt, ob wir dieses Statement mitverfassen wollen oder was unsere Meinungen dazu sind: Ich habe es erst der Berliner Zeitung entnommen. Es scheint keine offene Kommunikation stattzufinden. Das bedauere ich sehr.“
Ob die Auswahl der Referenten nicht ausgewogen genug gewesen sei – wie der Zentralrats der Juden sagt – könne er nicht beurteilen. Doch in dieser Frage habe es offensichtlich Uneinigkeit gegeben.

Vorwurf des Antisemitismus überzeugt nicht

Ursache der Debatte ist die Einladung der palästinensischen Künstlergruppe „Question of Funding“ zur Documenta. Diese soll der israelkritischen Boykottbewegung BDS nahestehen, so der Vorwurf. Doch ob BDS als antisemitisch einzustufen ist, hat eine lange Vorgeschichte in Deutschland.

Nachdem ich mir den Fall genau angeschaut habe, habe ich keine Belege von Antisemitismus gefunden.

Meron Mendel

Dass dies der Kuratorengruppe Ruangrupa möglicherweise nicht bewusst war, könne man dem Kollektiv nicht vorwerfen, so Mendel, man müsse vielmehr auf die Vorwürfe gegen das Kollektiv aus Ramallah eingehen. Er habe dazu eine klare Position:
„Nachdem ich mir den Fall genau angeschaut habe, habe ich keine Belege von Antisemitismus gefunden. Was in Zeitungen und Blogbeiträgen erschienen ist, hat mich nicht überzeugt: dass tatsächlich hinter diesen Vorwürfen Antisemitismus steckt.“
Kritik übt Mendel vor allem an der Idee der Kuratoren, bei dem Konflikt als Erstes in eine öffentliche Diskussion zu gehen. Durch die sehr unterschiedlichen Positionen könne die Veranstaltung schnell in die falsche Richtung laufen, „schnell polemisierend“ werden.
„Mein Impuls wäre erst mal, in einem nicht öffentlichen Raum zusammenzukommen. Wenn dann ein gewisser Minimalkonsens entstanden ist, kann man in eine öffentliche Diskussion eintreten und diesen Dissens nach außen tragen.“

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