Hören und lesen Sie hier das Fazit-Interview vom 2. Januar 2018, in dem Roman Soukup das Millionenbudget der documenta kritisiert.
"Die Organisationsform der documenta ist komplett prekär"
"Eine documenta ist mit fünf Millionen zu machen", sagt Roman Soukup, der ehemalige Geschäftsführer der documenta X. Roger Buergel, der die documenta 12 leitete, widerspricht vehement: Trotz eines Budgets von 40 Millionen Euro sei die Organisation der Kunstaustellung prekär.
Wegen eines Defizits in Millionenhöhe wird Adam Szymczyk, der künstlerische Leiter der documenta 14, heftigst kritisiert. Roman Soukup, der ehemalige Geschäftsführer der documenta X, sagte im Deutschlandfunk Kultur, die Kunstausstellung brauche überhaupt keine öffentliche Unterstützung und komme auch mit einem kleineren Budget aus:
"Die documenta braucht nicht ein 40-Millionen-Budget. Das ist doch Quatsch. Warum denn? Damit die Stadt Kassel sich da abfeiern kann? Weil alle Hotels zu sind, weil entsprechende Werbung gemacht wird? Darum geht’s doch gar nicht. Eine documenta ist mit fünf Millionen zu machen!"
Hat die Politik zuviel Einfluss?
Die Finanzierung durch öffentliche Gelder und der politische Aufsichtsrat ermögliche Politikern zuviel Einfluss zu nehmen, kritisierte Soukup. Im Deutschlandfunk Kultur forderte er, die gemeinnützige GmbH der documenta und ihren Aufsichtsrat aufzulösen und stattdessen eine Stiftung einzusetzen.
Roger Buergel kann Soukups Kritik nicht nachvollziehen. Vor zehn Jahren leitete er die documenta 12. Den Vorwurf der politischen Einflussnahme kann er nicht bestätigen:
"Ich kann zu meiner eigenen Arbeit nur sagen, dass dieser Aufsichtsrat sich immer diskret zurück gehalten hat. Da hat nie irgendjemand reingepfuscht."
Auch Soukups Kritik am zu hohen Budget der documenta, hält Buergel für eine Fehleinschätzung:
"Man muss ja auch wissen, dass da nicht 40 oder 50 Millionen für die Kunst ausgegeben werden. Sondern es ist ein Bruchteil. Das Meiste geht für die Infrastruktur drauf."
Experimente und Risiken seien notwendig
Die documenta im kleineren Maßstab aufzulegen, hält Bruegel für keine Option. Schließlich müsse die documenta mit anderen renommierten Kunstausstellungen weltweit konkurrieren.
"Der Charme von documenta liegt in hohem Maße auch darin, dass man Experimente eingeht und dass man auch Risiken eingeht. Ich denke, dass diese Debatte, die sich da jetzt auf das Geld stürzt, eigentlich eine verschobene Debatte ist. In Wirklichkeit geht es um den Sinn der Ausstellung."
Dass die documenta durch politische Einflussnahme an Attraktivität eingebüßt habe und zu einem Instrument des "Stadtmarketings von Kassel" geworden sei, wie Soukup kritisierte, kann Bruegel nicht nachvollziehen:
"Das finde ich völligen Quatsch. Ich meine Soukop hat sich da ja auch nicht gerade lange gehalten. Also ich weiß nicht, wovon der da redet. Ich glaube auch nicht, dass das Publikum immer enttäuschter ist."
Prekär trotz Millionenbudget?
Auch wenn Bruegel den Vorschlag von Soukup, den Aufsichtsrat aufzulösen für falsch hält – eine Reform der Organisationsstruktur hält auch er für nötig. Denn trotz eines Budgets von mehreren Millionen gebe es viel zu wenig Personal, um das Großevent zu organisieren:
"Die Organisationsform der documenta ist komplett prekär. Da ist im Grunde niemand. Da gibt es ein paar Leute, die da irgendwie arbeiten, und die sind nach ein oder zwei Jahren komplett überfordert. Das heißt, es gibt da in dem Sinne eigentlich gar keinen Betrieb. Und wenn man da hinter die Kulissen guckt, wenn man sieht, wie prekär das Ganze ist, dann kann man sich schon an den Kopf fassen."
(mw)