Robin Stevens: "Der Tod setzt Segel"

Wirklich der letzte Fall von Wells & Wong?

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Das Buchcover "Der Tod setzt Segel" von Robin Stevens ist vor einem grafischen Hintergund zu sehen.
In "Der Tod setzt Segel" beweist Robin Stevens erneut: Sie weiß, was ihre jungen Leserinnen und Leser umtreibt. © Deutschlandradio / Knesebeck Verlag
Von Kim Kindermann · 13.04.2021
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Es ist der neunte und finale Fall der Detektei Wells & Wong und doch wird in "Der Tod setzt Segel" vieles anders: Aus der Vize-Vorsitzenden Hazel Wong wird die Vorsitzende. Und nicht nur das ist spannend!
Buchreihen haben es ja in sich: Denn jeder neue Band muss sich am Erfolg des Vorbuches messen! So auch die Reihe um Daisy Wells und Hazel Wong.
Die beiden 15-Jährigen besuchen im England der 1930er-Jahre die Deepdean-Mädchenschule und nehmen uns mit in die Welt der von Männern dominierten weißen Oberschicht, in der Etikette viel und Frauen wenig gelten. Außer als Dekoration für den Mann. Gegen all das begehren die sehr unterschiedlichen Mädchen auf – und sind damit ihrer Zeit weit voraus.
Daisy, der sehr von sich überzeugten reichen Engländerin, gelingt das durch Frechheit und Witz. Hazel, der schüchternen, bescheidenen Chinesin, durch Beharrlichkeit und Mut.

Ein Plot ganz nach Agatha Christie

Ganz in Anlehnung an das erklärte Vorbild der Autorin ermitteln die beiden auch in ihrem neunten Fall im besten Agatha-Christie-Stil: dieses Mal auf einer Kreuzfahrt auf dem Nil. Und wie schon in den Fällen davor, lernt man dabei nicht nur viel über die damalige Gesellschaft, sondern auch über den Umgang mit anderen Kulturen und damit über Rassismus.
Denn mit an Bord ist die "Hauch-des-Lebens-Gesellschaft": eine fanatische Gruppe englischer Damen und Herren, die sich für Reinkarnationen der ägyptischen Pharaoninnen und Pharaonen halten.
Ihr Auftreten ist gezeichnet von Arroganz und Überheblichkeit. Ihr Umgang mit den Einheimischen ist geradezu empörend – wenn auch aus damaliger Sicht normal. Dennoch verwundert es wenig, als die Anführerin der Gruppe erstochen in ihrer Kabine aufgefunden wird.

Es geht auch um Rassismus und kulturelle Aneignung

Die Amerikanerin Robin Stevens thematisiert damit auch die momentan hitzig geführte Diskussion über Rassismus, und streift zugleich auch den Bereich der kulturellen Aneignung. Sie, die weiße Autorin, schildert das mitunter abfällige Verhalten der Briten gegenüber den Ägyptern. Überzeichnet es. Und gibt es so einer ungeheuerlichen Lächerlichkeit preis.
Aber, auch das gehört zur aktuellen Diskussion, darf sie, die Amerikanerin, das überhaupt? Auch wenn sie so gegen Rassismus angeht und junge Leserinnen und Leser für das Thema sensibilisiert?
Denn obwohl Robin Stevens im Nachwort vieles erklärt, was es etwa mit Hatschepsut und Thutmosis III. auf sich hatte, verliert sie über diese Debatte kein Wort. Schade. Es hätte das Buch noch zeitgemäßer gemacht.

Ein restlos guter Krimi

Trotzdem überzeugt dieser Krimi vollends. Die Ermittlungen gestalten sich aufregend. Es gibt die schlafwandelnde Tochter des Opfers, alle Mitglieder der schrägen "Hauch-des-Lebens-Gesellschaft" hätten ein Motiv für den Mord und auch die anderen Mitreisenden verhalten sich mitunter verdächtigt.
Hilfe erhalten die zwei Detektivinnen von ihren Freunden George und Alexander, die ebenfalls eine Detektei gegründet haben. Daisy gerät ernsthaft in Gefahr. Und Hazel muss sich wieder einmal mit ihrem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit befassen. Ein bisschen Verliebtheit kommt auch dazu, sogar homoerotische.

Robin Stevens weiß, was junge Menschen umtreibt

Insofern beweist Robin Stevens erneut, dass sie weiß, was ihre jungen Leserinnen und Leser umtreibt und was ihnen zusetzt in Zeiten der Pubertät. Gerade das dürfte den Erfolg dieser Buchreihe ausmachen: die unschlagbare Kombination aus Krimi, Gesellschaftsroman und Jugendthemen.
Dass dies hier der finale Band sein soll – kaum zu glauben. Schließlich endet dieser Pageturner mit den Worten: Wells & Wong für immer! Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Robin Stevens: "Der Tod setzt Segel: Der neunte Fall für Wells & Wong"
Aus dem Englischen übersetzt von Nadine Mannchen
Knesebeck Verlag, München 2021
332 Seiten, 16 Euro, ab 12 Jahren

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