Henry Gee: "Aufstieg und Fall der Menschheit"

Noch ein paar Tausend Jahre, dann gibt es uns nicht mehr

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Buchcover Henry Gee: "Aufstieg und Fall der Menschheit".
© Rowohlt Verlag

Henry Gee

Übersetzt von Monika Niehaus, Coralie Wink

Aufstieg und Fall der MenschheitRowohlt, Hamburg 2025

288 Seiten

24,00 Euro

Von Gerrit Stratmann |
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Der Evolutionsforscher Henry Gee prognostiziert das Aussterben des Homo sapiens innerhalb der nächsten 10.000 Jahre. Gegensteuern ist möglich - doch wir müssten wohl recht schnell handeln.
Wenn ein Paläontologe und Evolutionsbiologe wie Henry Gee in die Vergangenheit schaut, sieht er: Jede Art stirbt irgendwann aus. Die Frage ist: Wann trifft es den Menschen? In seinem aktuellen Buch "Aufstieg und Fall der Menschheit" umreißt er, wie es um die Art des Homo sapiens aktuell bestellt ist. 
Schon der Untertitel lässt ahnen, dass die Aussichten nicht rosig sind. Seit Jahrzehnten geht die Geburtenrate zurück. Ein weltweiter Trend, der, wenn er anhält, dazu führt, dass die Menschheit noch bis ca. 2080 wachsen und dann unaufhaltsam schrumpfen wird.

Hat die Menschheit ihren Zenit überschritten?

Das ist einerseits eine gute Nachricht. Denn Homo sapiens beansprucht den Löwenanteil aller Ressourcen dieses Planeten. Die „Tragfähigkeit“ der Erde für so viele Menschen stößt langsam an ihre Grenzen.
Auf der anderen Seite ist dieser Rückgang des Bevölkerungswachstums für Henry Gee ein Grund zur Sorge. Seiner Schilderung nach ist es das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass diese Wachstumskurve abflacht. Ein einzigartiger Vorgang – und meist ein Zeichen dafür, dass eine Art ihren Zenit überschritten hat.
Als Gründe nennt er viele bereits bekannte Zusammenhänge: Frauen, die dank besserer Bildung selbstbestimmter leben und andere Lebensentwürfe verwirklichen können; breite Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln; die ökonomische Unsicherheit, ein Kind großziehen zu können; die übermäßige Ausbeutung planetarer Ressourcen; die ungeklärte weltweite Abnahme männlicher Fruchtbarkeit.

Aufbruch ins Weltall

Neu ist, dass Henry Gee das Problem mit einer gewisse Dringlichkeit behandelt. Denn er gibt Homo sapiens höchstens noch 10.000 Jahre. Sein dreiteiliges Buch skizziert zunächst die Anfänge der Gattung Homo, und wie der moderne Mensch als einzige Unterart aus der Familie der Hominiden übrigblieb.
Im mittleren Teil beschreibt es den Aufstieg des modernen Menschen, von den Anfängen der Sesshaftigkeit und Landwirtschaft bis heute. Und im letzten Teil widmet es sich der Möglichkeit, den drohenden Untergang abzuwenden, indem wir unseren Lebensraum auf andere Himmelskörper ausweiten. Ein ambitioniertes Projekt, das in den nächsten 200 Jahren angegangen werden müsse, bevor der schrumpfenden Menschheit die dafür nötige Innovationskraft ausgeht!

Eine unausgegorene Zukunftsvision

Henry Gee verknüpft seine Untergangsgewissheit mit einem unerschütterlichen Glauben an die Fähigkeit des Menschen, Grenzen zu überwinden. Seine etwas unausgegorene Zukunftsvision von der Menschheit im All wird aufgewogen durch profunde Erkenntnisse zur Entwicklung unserer Gattung in prähistorischer und gegenwärtiger Zeit. Seine Analyse grundlegender Probleme der Menschheit ist ebenso aufschlussreich wie eingängig geschrieben.
Dazu gehören unsere mangelnde genetische Vielfalt (im Vergleich zu anderen Arten), der Populationsrückgang und der Klimawandel, der weite Teile der Erde für uns unbewohnbar machen könnte. All das lässt es dringlich erscheinen, unser Schicksal noch mehr als bisher in die eigene Hand zu nehmen.
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