Kerstin Ruhkieck: "In deinen Augen der Tod"

Rückkehr ins Geisterdorf

02:56 Minuten
Das Buchcover des Krimis von Kerstin Ruhkieck: "In deinen Augen der Tod". Das Bild zeigt Wipfel von Bäumen aus der Perspektive eines Menschen, der nach oben gen Himmel schaut. Darauf steht Kerstin Ruhkieck und "In deinen Augen der Tod". Das Buch ist auf der Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur.
© Emons

Kerstin Ruhkieck

In deinen Augen der TodEmons, Köln 2022

400 Seiten

16,00 Euro

Von Kolja Mensing · 20.05.2022
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Digitale Dämonen, Bungalows und verwaiste Bushaltestellen: Kerstin Ruhkieck hat ihren gespenstischen Psychothriller „In deinen Augen der Tod“ im norddeutschen Niemandsland angesiedelt und einen gut gemachten Schauerroman geschrieben.
Olivia ist die einzige Überlebende einer blutigen Geiselnahme in einer Bar in Hannover. Vier Monate nach den Vorfällen kehrt sie schwer traumatisiert und von Panikattacken verfolgt in ihr Heimatdorf Obderwede zurück. Hier will sie sich ihrer eigenen Vergangenheit stellen und sich auf die Suche nach Julian machen, ihrem Jugendfreund, der vier Jahr zuvor spurlos verschwunden ist. Gibt es einen Zusammenhang zwischen seinem Verschwinden und dem Massaker in der Bar?
„In deinen Augen der Tod“ von Kerstin Ruhkieck beginnt als scharf kalkulierter Psychothriller, mit beunruhigenden Flashbacks, „teenage angst“ – und digitaler Paranoia: In den sozialen Medien halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Olivia der Geiselnahme nur entkommen ist, weil sie mit den Tätern gemeinsame Sache gemacht hat.

Flackender Bilder der Geiselname

Gleichzeitig konfrontiert sie sich in dem virtuellen Spiegelkabinett ihres Smartphones immer wieder mit sich selbst und ruft sie nach ihrer Rückkehr nach Obderwede geradezu zwanghaft die brutal flackernden Bilder der Geiselname ab: „Ich weiß, was mich erwartet, wie ich mich fühlen werde, trotzdem lasse ich das Video laufen.“
Kerstin Ruhkiek, die auch Jugendbücher schreibt, kennt sich auf jeden Fall aus mit digitalen Dämonen. Aber: Sie hat darüber hinaus auch ein feines Gespür für gespenstische Kulissen.
Das fiktive Obderwede ist eines dieser „Geisterdörfer“ ist, wie es sie nur im konturlosen „norddeutschen Niemandsland“ gibt, „leblos und leer“, mit einer „zweispurigen Hauptstraße“, einer verwaisten Bushaltestelle, einem Schnellimbiss mit dem deprimierenden Namen „Kartoffeltopf“ und dem Bungalow von Olivias dementen Vater, der wie ein verblasstes Relikt aus den 80er-Jahren in diesem ansonsten völlig aus Zeit und Raum gefallenen Ort liegt.

Eine deutsche Provinz-Vorhölle

So wird aus dem modischen Psychothriller ein moderner, sehr gut gemachter Schauerroman: Kerstin Ruhkieck zeichnet mit ganz wenigen Strichen eine beunruhigende Kulisse, die an die Kleinstadt Winden aus der Serie „Dark“ erinnert: eine deutsche Provinz-Vorhölle, in der sich Olivias Kampf mit ihren Dämonen am Ende auf eine stillgelegte Leichenhalle konzentriert, einem „eingeschossigen Zweckbau“, der völlig umsonst gebaut wurde, weil auf dem Friedhof des Dorfes kein Platz für neue Grabstellen ist. Kein Wunder, dass die Toten in Obderwede keine Ruhe finden dürfen.

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