Hat das Web3 feministisches Potenzial? Die Republica schafft einen Überblick.
Republica 2022
Die Frage, ob das digitale Leben echt ist, stellt sich 2022 eigentlich nicht mehr. Das beweist schon die Gästeliste der diesjährigen Republica. © Stefanie Loos / re:publica (CC BY-SA 2.0)
Digitaler Diskurs und hoher Besuch
35:42 Minuten
Nach zwei Jahren Pause fand Europas größte Digitalkonferenz, die Republica, wieder als Präsenzveranstaltung statt. Überall wurde ausgelassen über die Zukunft debattiert und zum ersten Mal überhaupt war auch ein Bundeskanzler vor Ort.
Die Wiedersehensfreude war auf dem gesamten Gelände zu spüren. Nach einem coronabedingten Online-Exil gab es beim ersten persönlichen Treffen seit 2019 viel Gesprächsbedarf beim Publikum der Republica. Nicht nur in den Vorträgen, auch Abseits der Bühnen wurde viel über die zukünftige Ausrichtung der immer vernetzteren Welt gesprochen.
Ein wichtiges Thema dabei war natürlich, wie viel Macht die Tech-Konzerne haben. Plattformen wie Youtube oder TikTok haben in vielen Talks eine Rolle gespielt. Einer, der extra aus den USA angereist ist, um über die Unternehmen und ihr Mindset zu sprechen, ist Adrian Daub, Professor an der Universität Stanford und Autor des Buches “Was das Valley denken nennt”. Er warnt im Interview davor, die technologische Zukunft in Kalifornien zu suchen.
Die Debatte ums Web3
Das wohl polarisierendste Thema auf der Republica war auch das sogenannte Web3, das auf Blockchaintechnologien setzt und verspricht, mehr Macht in die Hände von Nutzerinnen und Nutzern statt von Großkonzernen zu legen. Für die einen ist es eine Utopie, die uns von den Monopolen befreit, für die anderen eine Dystopie voller Betrug und entgrenztem Kapitalismus. Anders als im Netz wurde die Debatte darum auf der Konferenz jedoch nuancierter geführt.
Die Kunst- und Musikszene sprach darüber, wie durch NFTs und andere Blockchain-Anwendungen neue Finanzierungsmodelle abseits der Platzhirsche entstehen können. Auf der anderen Seite kam Kritik an den Denkmodellen hinter der Technologie, die ein tiefes Verständnis für alle Beteiligten erfordert und bei denen kleine Fehler große Konsequenzen haben können.
Einen besseren Journalismus möglich machen
“Journalismus muss endlich digitaler werden” war lange Jahre eine Forderung auf der Republica. Große Präsenzen von ZDF, WDR und RBB zeigen, wie wichtig den etablierten Medien die Präsenz und Diskussion auf der Digitalkonferenz ist. Die Bloggerszene, aus der das “Festival für eine digitale Gesellschaft” einmal entstanden ist, hat sich eng verzahnt mit Presse und Rundfunk. Bei dem Themenschwerpunkt “Medien”, den die Konferenz dieses Jahr hatte, ging es weniger um mehr Digitalisierung sondern um Teilhabe. Alle Beteiligten waren sich dabei einig, dass es mehr Diversität im Journalismus braucht. Doch eine Einsicht alleine führt noch nicht zu Veränderung.
Auf den Bühnen hat sich dabei offenbart, wie unterschiedlich die Ansätze sein können, diese zu erreichen. So hat zum Beispiel WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn den aktuellen Weg verteidigt und darauf hingewiesen, dass es schon Volontariatsjahrgänge gab, von denen die Mehrheit einen Migrationshintergrund hatte. In anderen Talks wurde wiederum bemängelt, dass wichtige Entscheidungspositionen noch nicht divers besetzt sind und es darum oft schwierig sei, die Relevanz entsprechender Themen für Beiträge oder Artikel deutlich zu machen.
Die Republica hat einen großen Wandel hingelegt. Aus einem Klassentreffen für die Digital-Szene ist eine Konferenz für die großen Themen und Probleme der Zeit geworden. Das zeigen auch Besuche aus der Bundespolitik, von Ministerinnen und Ministern wie Nancy Faeser, Volker Wissing, Hubertus Heil und sogar von Bundeskanzler Olaf Scholz.
(hte)