Rechtsrock bei Spotify & Co.

Zehntausende Klicks für fiktive rechte Band

08:41 Minuten
Kubus mit Spotify Logo
© Unsplash / Alexander Shatov
Jörn Menge im Gespräch mit Andreas Müller · 01.02.2022
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Auf Streamingdiensten wie Spotify kursieren indizierte rechte Bands, deren Musik nicht verkauft werden darf, und sie verbreiten Hassbotschaften. Ein Verein hat scheinbar rechte Musik dort eingestellt. Das Ergebnis war verblüffend und erschreckend.
Spotify und andere Streamingdienste bieten endlos Musik, darunter vieles, was man anderweitig wohl nicht entdecken würde. Doch in diesem Musikangebot findet sich auch Rechtsrock, also Musik von indizierten Band, die nicht öffentlich verkauft werden darf.
Um darauf aufmerksam zu machen, hat der Verein "Laut gegen Nazis" ein Experiment gestartet: Es wurde scheinbar eine rechte Band gegründet mit dem Namen „Hetzjaeger“. Das Logo zeigt ein rotes HJ-Symbol, der einzige Song der Band heißt „Kameraden“. Dessen erste Strophe klingt eindeutig nach Rechtsrock: „Wenn du begreifst, dass Stück für Stück dein Land sich und dich vor dem Feind ergibt“, lautet eine Zeile, untermalt von Schlagzeug und E-Gitarre.

Playlist gelöscht, aber nicht den Song

Als Hörprobe lief die Strophe mehr als einen Monat lang auf verschiedenen Plattformen, etwa Spotify, Soundcloud, Apple Music, Amazon Music und Deezer. Ein 30-Sekunden-Video bei Youtube zeigte dazu einen nächtlichen Wald im Nebel, den dunkle Gestalten mit Fackeln und Hundemasken durchstreifen. Der "Hetzjaeger"-Song bekam 100.000 Klicks und Views.
Jörn Menge, Gründer von "Laut gegen Nazis", sagt, sie hätten zuvor mehrfach versucht, mit Spotify in Kontakt zu kommen, um über den Umgang mit Rechtsrock zu sprechen, doch das sei nicht möglich gewesen. Sie seien erstaunt und erschrocken, wie einfach es sei, derartige Hassinhalte zu verbreiten. Spotify habe zwar die Playlists, in die "Hetzjaeger" Rechtsrockbands aufgenommen hätten, um unauffällig zu agieren, gelöscht, nicht aber den Titel „Hetzjaeger“ selbst. „Es war erstaunlich zu sehen, dass man sozusagen als Alibi eine Playlist löscht, aber die Titel selbst nicht. Das ist ja schon das Absurdum schlechthin.“

User sollen Verstöße melden

Mit dieser Kampagne solle auch eine Forderung an die Politik gestellt werden, harscher zu reagieren. „Man müsste versuchen, wirklich den Anbieter dazu zwingen, diese Musik zu löschen“, so Menge. Doch große Hoffnung, dass es dazu komme, habe er nicht. Vermutlich müssten sie in Dublin klagen – und das sei wohl zu teuer. Deshalb richteten sie sich aber in erster Linie ersteinmal an die Userinnen und User und versuchten, sie dazu zu bringen, dass sie solche Inhalte melden.
Unbeabsichtigterweise fiel die Aktion des Vereins zeitlich zusammen mit dem Aufbegehren Neil Youngs, der dem Spotify-Podcaster Joe Rogan vorwarf, zweifelhafte bis falsche Informationen über Corona zu verbreiten und der schließlich einen Großteil seiner Songs von der Plattform abzog.
(abr)

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