Konservative Kritik an Ministerin Faeser

Warum "Antifa" nicht zum Skandalon taugt

07:17 Minuten
Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, vor blauen Hintergrund, steht an einem Rednerpult.
(Rechts-)Konservative üben Kritik an Ministerin Faeser - zu recht? © picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka
Johannes Tuchel im Gespräch mit Julius Stucke · 07.02.2022
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Wegen eines Artikels in der Verbandszeitschrift „Antifa“ wird Innenministerin Nancy Faeser (SPD) derzeit hart angegangen. Politikwissenschaftler Johannes Tuchel kann das nicht nachvollziehen. Man solle sich lieber um das Thema NSU 2.0 kümmern.
Politiker der Union, der AfD und rechtskonservative Journalisten kritisieren Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für einen Gastbeitrag in "Antifa", dem Magazin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA).
Den Beitrag über die Gefahren des Rechtsextremismus schrieb Faeser 2021. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch SPD-Vorsitzende in Hessen. Die Kritik: Faeser grenze sich nicht klar gegen Linksextremismus ab, denn der bayrische Landesverfassungsschutz beobachtet den Verein. Ins Rollen gebracht hat die Debatte das rechte Medium "Junge Freiheit".

Erinnerung an den Holocaust

Der VVN-BdA wurde von Holocaust-Überlebenden gegründet als überparteilicher Verein zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus, erklärt Politikwissenschaftler Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Bis heute würde die Organisation an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus erinnern, aber auch wachsam neo-nationalsozialistische Umtriebe verfolgen.
Er wisse nicht, warum der bayrische Landesverfassungsschutz den Verein beobachte, sagt Tuchel. "Natürlich sind auch Kommunisten oder Angehörige von Kommunisten unter denjenigen gewesen, die den VVN gegründet haben und jahrzehntelang mitbeeinflusst haben", so Tuchel. Das hinge allerdings damit zusammen, dass diese als Erste von den Nazis verfolgt worden sind.
Er fühle sich derzeit in die Zeit des Kalten Krieges zurückversetzt, als die VVN vor dem Hintergrund der Systemauseinandersetzung zwischen der BRD und der DDR immer im Verdacht stand, linksextremistisch unterwandert zu sein, so Tuchel.

Das eigentliche Thema ist der NSU 2.0

Er sei über die aktuelle Diskussion verwundert. "Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas heute noch eine Rolle spielen könnte", sagt Johannes Tuchel: "'Antifa' ist ein kleines, verbandsinternes Blatt." Außerdem dürfe man den Kontext nicht vergessen: "Hier geht es um die Debatte um den NSU 2.0 und Morddrohungen."
Die VVN habe nicht den Umsturz der BRD zum Ziel, betont Tuchel, "und daraus nun eine Diskussion zu machen, wenn eine Politikerin einen Beitrag zum NSU 2.0 in einer Publikation schreibt, die von einem Verein betreut wird, die Opfern der nationalsozialistischen Diktatur nahe steht, dann verstehe ich das in weiten Teilen nicht. Hier sollte man erheblich abrüsten und sich lieber Gedanken darüber machen, wie man den NSU 2.0 in den Griff bekommt."
Auch dürfe man nicht vergessen, dass Faeser den Artikel nicht als Bundesinnenministerin, sondern als eine hessische Landespolitikerin schrieb, betont er.

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