Rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse
Streit gehöre zur DNA der Frankfurter Buchmesse, sagt Direktor Juergen Boos. © picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow
"Wir können niemanden ausschließen"
06:43 Minuten
Bei der Frankfurter Buchmesse gibt es Absagen, weil rechte Verlage dort mit Ständen vertreten sind. Messedirektor Juergen Boos rechtfertigt ihre Teilnahme mit dem offenen Diskurs. Einer der Grundpfeiler der Messe sei die Meinungsfreiheit.
Die schwarze Autorin Jasmina Kuhnke hat ihre Teilnahme an der Frankfurter Buchmesse abgesagt. Der Grund: Eine Diskussionsrunde mit ihr sollte direkt neben dem Stand des rechten Verlags "Jungeuropa" stattfinden.
"Es ist absehbar, dass über den Verlag hinaus auch weitere Rechtsextreme die Messe besuchen werden, was die Gefahr für mich persönlich unübersehbar gegenwärtig macht", schrieb Kuhnke auf Twitter.
"Einer der Grundpfeiler der Frankfurter Buchmesse ist die Meinungsfreiheit", sagt Buchmessendirektor Juergen Boos. "Wir können niemanden ausschließen, können hier keine Zensur ausüben, egal, ob mir diese Leute passen, ob ich sie unerträglich finde."
Wer kein Gesetz bricht, darf kommen
Solange die Meinung nicht gegen Gesetze verstoße, müsse jeder am Meinungsaustausch auf der Messe teilnehmen können, so Boos: "Ich bedauere sehr, dass die Autorin nicht an diesem Diskurs teilnimmt." Die persönliche Unversehrtheit sei garantiert, sagt Boos: "Die Sicherheitsmaßnahmen auf der Frankfurter Buchmesse sind extrem hoch."
Die Messe sei immer Plattform für politischen Diskurs, betont Boos: "Wir haben an allen Ecken und Enden Streitereien. Das gehört zur DNA der Buchmesse." Diese würden auf der Bühne, also in der Öffentlichkeit, ausgetragen.
Die Buchmesse ist ein Spiegel der Gesellschaft
Die Teilnehmer würden das legale Meinungsspektrum repräsentieren, sagt Boos: "Das ist die bundesdeutsche Wirklichkeit. Die Buchmesse ist ein Spiegel unserer Gesellschaft."
Von einer Integration rechter Verlage könne aber keine Rede sein, so Boos: "Wir haben nie versucht, jemanden zu integrieren. Jeder steht für sich selbst. Das Programm wird nicht von uns kuratiert. Wir sind eine Plattform für Verlage, die sich einer Öffentlichkeit darstellen wollen, die ihren Autoren Raum bieten wollen. Wir sorgen dafür, dass diese Plattform besteht. Wir schaffen aber keine Bühnen für Inhalte, die wir nicht auf dieser Messe haben wollen."
Martin Bialecki widerspricht Boos
Dass die Buchmesse quasi eine "Litfaßsäule" auch rechten Verlagen biete, kritisiert
Martin Bialecki (AUDIO)
. Der Chefredakteur der Zeitschrift Internationale Politik findet Boos' Diskurs-Argument nicht "ganz gerade", wie er in unserer Sendung "Der Tag mit" sagt:
"Der Diskurs ist das eine, wenn er den denn anbieten würde, auf einer Bühne, in einem Panel oder in ähnlichen Formaten, aber ein Stand von einem rechtsextremen Verlag, was wird denn da stattfinden? Doch kein Diskurs! Das ist einfach eine Demonstration, das ist eine Möglichkeit, sich da zu präsentieren, das eigene, wirklich ultrarechte Gedankengut einer Öffentlichkeit darzubieten, die sonst vermutlich gar nicht so viel davon wusste, was ja sehr gut ist."
Jasmina Kuhnkes Absage findet Bialecki richtig: Sicherheitsempfinden sei immer etwas sehr Persönliches. Wenn sich die Autorin bedroht fühle, sei es ihre Entscheidung, "so konsequent zu sein und dann abzusagen".