Rücktritt der RBB-Intendantin

Absturz einer Hoffnungsträgerin

04:01 Minuten
Die Journalistin Patricia Schlesinger hat die Hände gefaltet
An Patricia Schlesinger wird auch kritisiert, wie sie als ehemalige RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzende mit den Vorwürfen, etwa zum Dienstwagen oder Gehalts-Bonus, umgegangen ist. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Steffen Grimberg · 07.08.2022
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Nach anhaltender Kritik an ihrer Amtsführung ist Patricia Schlesinger nun auch als RBB-Intendantin zurückgetreten. Ein bedauerlicher, aber richtiger Schritt, kommentiert Medienjournalist Steffen Grimberg. Die Prüfung der Vorwürfe werde lange dauern.
Patricia Schlesinger hat heute dem RBB einen großen Dienst erwiesen. Es ist schade, dass es so weit kommen musste. Als Schlesinger 2016 vom Norddeutschen Rundfunk zum RBB wechselte, war das für viele im Sender ein Zeichen des Aufbruchs.
Da kam eine Hoffnungsträgerin, eine engagierte Journalistin, die eben nicht lange Jahre als öffentlich-rechtliche Hierarchin verbracht hatte, sondern eine Programmfrau, die viele Redaktionen von innen kannte, die als Auslandskorrespondentin gearbeitet hatte und beim NDR für Politmagazine wie Panorama und spektakuläre Dokus, wie den Oscar-prämierten Film über den Whistleblower Edward Snowden, zuständig war.

Als Führungskraft gescheitert

Dass diese Journalistin zu Beginn der, nennen wir es mal, „kritischen Fragestellungen“ die eigene Belegschaft unter Generalverdacht stellte und RBB-Mitarbeitenden drohte, gegen Lecks im eigenen Haus unerbittlich vorzugehen, hat viele vor den Kopf gestoßen.
Dann folgten Wochen des Abwiegelns und Abstreitens, begleitet von einer desaströsen Fehleinschätzung der politischen Stimmung. Dass Schlesinger den Hauptausschuss des Potsdamer Landtags meinte, links liegen lassen zu können, bestärkte einmal mehr all jene im Sender, die sagen, dass ihr Herz nur für Berlin schlage und ihr Brandenburg ziemlich egal sei.

Schlechtes Handling und frustrierte Mitarbeiter

Die systematische Prüfung der täglich wachsenden Vorwürfe wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Das gilt besonders für das schwierige Feld von komplizierten Compliance-Vorschriften und deren Auslegung. Doch viele Fragen können schon jetzt beantwortet werden und müssen das auch. Mit dem Rücktritt der Intendantin darf dieser Aufklärungswille nicht nachlassen.
Bislang steht Patricia Schlesinger ganz allein als Stein des Anstoßes da, und die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Details über Dienstwagen, ihren zusätzlichen Bonus zum eben erst üppig erhöhten Grundgehalt oder die Ausstattung der Intendantin-Etage in der RBB-Zentrale sind klar ihre Hypothek.
Es sind solche jetzt genüsslich zelebrierten Einzelheiten, die Schlesinger den Vorwurf einer Raffke-Mentalität eingebracht haben und bei den Mitarbeitern des RBB für massiven Frust sorgen. Schließlich lautet die verlässliche Botschaft der Geschäftsleitung ihnen gegenüber stets, der RBB könne sich nicht mal kleine Sprünge bei Honoraren und Gehältern leisten.

Rolle von Kontrolleur Wolf muss geprüft werden

Doch Schlesinger regiert den RBB nicht allein. An der Baustelle namens digitales Medienhaus, das schon jetzt Millionenbeträge kostet, ohne dass auch nur ein Stein bewegt wurde, sind viele Mitglieder der RBB-Geschäftsführung beteiligt.
Dem jetzt amtierenden Intendanten Hagen Brandstäter kommt eine Schlüsselrolle bei der Aufklärung der Vorwürfe zu. Das gilt auch für den RBB-Rundfunkrat, der sich am Montag zu einer Sondersitzung trifft.
Noch weitgehend unklar ist im Übrigen die Rolle von Wolf-Dieter Wolf. Der Chefkontrolleur der Intendantin lässt zwar seit geraumer Zeit sein Amt als Verwaltungsratsvorsitzender des RBB ruhen, doch seine Verstrickungen in viele der Abläufe müssen genauso aufgearbeitet werden wie die Vorwürfe gegen Schlesinger selbst.
Dass Wolf weiterhin dem Aufsichtsrat der kommerziellen Sendertochter RBB-Media vorsteht, ist ein Unding. Denn über die RBB-Media laufen viele der infrage stehenden Abläufe. Wolf muss auch dieses Amt zumindest ruhen lassen. Nur so kann den Mitarbeitenden im RBB der Rücken gestärkt und verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden.
Wir brauchen die öffentlich-rechtlichen Medien, die nicht wegen Verfehlungen einzelner Akteure an ihrer Spitze in Misskredit gebracht werden dürfen.

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