Kritik an RBB-Intendantin

Schlesinger "bringt nicht nur den RBB in Verruf"

06:52 Minuten
Patricia Schlesinger, Intendantin des rbb, beim ARD-Haupstadttreff
Wie lange wird RBB-Intendantin Patricia Schlesinger dem Druck noch standhalten können? Dem Sender droht inzwischen ein Glaubwürdigkeitsproblem. © picture alliance/dpa/Soeren Stache
Anja Nehls im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 04.08.2022
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Die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger steht in der Kritik. Ihren Posten als ARD-Vorsitzende hat sie nun geräumt, aktuell führt ein externes Anwaltsbüro eine Untersuchung durch. Kann sie RBB-Chefin bleiben?
Seit Wochen steht Patricia Schlesinger, Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), in der Kritik. Es geht unter anderem um ausufernde Kosten für ein geplantes digitales Medienhaus sowie eine Gehaltserhöhung um 16 Prozent. Und um die Vermischung von geschäftlichen und privaten Interessen: So soll der Verwaltungsratsvorsitzende des Senders dem Ehemann der Intendantin, Gerhard Spörl, einen lukrativen Vertrag zugeschanzt haben.
Geprüft wird außerdem die kostspielige Bewirtung von Geschäftsgästen auf RBB-Rechnung in Schlesingers Privatwohnung sowie ihr Dienstwagen inklusive zwei Chauffeuren. Der Verwaltungsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf lässt sein Amt beim Sender inzwischen ruhen. Patricia Schlesinger aber will Chefin des RBB bleiben. Ihren Posten als ARD-Vorsitzende hat sie hingegen aufgegeben. Ihr Stellvertreter, WDR-Intendant Tom Buhrow, übernimmt nun zunächst.

Transparent wie Trinkwasser?

"Eigentlich habe ich ihren Rückzug schon eher erwartet", sagt die Journalistin Anja Nehls: "Aber vermutlich wurde der Druck nun einfach wirklich zu groß, nicht nur von der Öffentlichkeit, der Politik und den eigenen Mitarbeitern, sondern auch von den anderen ARD-Intendanten, die sich bisher zurückgehalten haben." Der RBB selbst stelle den Rückzug vom ARD-Vorsitz dar, als sei dieser freiwillig und gewollt: "Davon kann bestimmt keine Rede sein."
Patricia Schlesinger hat einmal gesagt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse so transparent sein wie Trinkwasser. Auch ohne bisherige Untersuchungsergebnisse ist die Fülle der Vorwürfe, was die Verletzung von Compliance-Regeln angeht, erdrückend.
Das belastet das Arbeitsklima im RBB. Hinzu kommt ein aufkommendes Glaubwürdigkeitsproblem, mit dem sich der Sender nun auseinandersetzen muss. "Man kann als Journalist nicht woanders den Finger in die Wunde legen, wenn man vor der eigenen Haustür nicht gekehrt hat", sagt Nehls.

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In Bezug auf einen möglichen Rücktritt der RBB-Intendantin erklärt die Journalistin: "Ich glaube, das wünschen sich die Mitarbeiter auf jeden Fall. Und die wünschen sich auch, dass endlich mal Zahlen und Fakten geliefert werden." Einer Einladung des Untersuchungsausschusses im Brandenburger Landtag war Schlesinger zuletzt nicht gefolgt. Auf Fragen der eigenen Belegschaft reagierte der Sender bisher mit Schweigen.

Fragen der Moral und Verhältnismäßigkeit

Nun ermitteln sowohl der Rechnungshof in Berlin als auch der in Brandenburg, eine externe Anwaltskanzlei und intern der RBB. "Selbst wenn die Intendantin rein rechtlich sich nichts hat zu Schulden kommen lassen oder gegen keine interne Regel verstoßen hat, hat das Ganze dennoch mehr als ein Geschmäckle", meint Nehls. Es gehe um Fragen der Moral und der Verhältnismäßigkeit, gerade auch weil die Finanzierung des Senders durch öffentliche Gelder gewährleistet werde.
"Damit bringt sie nicht nur den RBB, sondern den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Verruf", resümiert Nehls. Man müsse fragen, "wie Patricia Schlesinger ihren Posten als Intendantin da noch rechtfertigen möchte".

Auch der Medienkritiker Steffen Niggemeier ist überzeugt , dass das Verhalten von Patricia Schlesinger Schaden über den Rundfunk Berlin-Brandenburg hinaus anrichtet – besonders vor dem Hintergrund aktueller Veränderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk etwa in Großbritannien und Frankreich. Da gebe es Kräfte, die an einer starken Einschränkung und Reduzierung dieses Systems arbeiteten, so der Journalist von der Plattform Übermedien. Schlesingers Verhalten könne diesen hierzulande in die Hände spielen.

Aber Niggemeier sieht in der Krise um Schlesinger auch Punkte, aus denen Verbesserungen entstehen könnten. Zum einen seien „offensichtlich die Kontrollgremien beim rbb aufgewacht“. Bei den Rundfunkräten sei ein größeres Bewusstsein entstanden, „dass man tatsächlich kontrollieren muss“. Zum anderen könnte die Debatte um Schlesingers Intendantengehalt dazu führen, dass man ein solches künftig beispielsweise an Gehaltsstufen im öffentlichen Dienst koppelt, so Niggemeier. Das könnte dem leicht skandalisierbaren Effekt der Frage „Warum kriegt jemand so viel Geld, und auch plötzlich so viel mehr?“ entgegenwirken.

(lsc)
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