Raubkunststreit in Namibia

Objekte von großer Bedeutung

18.02.2019, Baden-Württemberg, Stuttgart: Die Leiterin des Linden-Museums zeigt eine Bibel des namibischen Nationalhelden Hendrik Witbooi.
Mit dem Rückführungsprozess dieser in der Kolonialzeit geraubten Bibel sind nicht alle Parteien in Namibia zufrieden © Marijan Murat/dpa
Petra Olschowski im Gespräch mit Vladimir Balzer · 18.02.2019
Das Stuttgarter Linden-Museum will mehrere Raubkunst-Gegenstände an Namibia zurückgeben. Dass eine Gruppe der Vertreter des Nama-Volks nun unzufrieden mit den Verhandlungen ist, hat die Kunsthistorikerin Petra Olschowski überrascht.
Sie glaube, dass die Rückführung der Kunstgegenstände des Lindenmuseums nach Namibia – darunter eine Bibel des Nationalhelden Hendrik Witbooi und eine Peitsche – wie geplant in den kommenden Tagen stattfinden werde, sagte die Kunsthistorikerin Petra Olschowski im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Olschowski ist Staatssekretärin im Minsterium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg und hat die Verhandlungen mit Namibia begleitet. Juristisch stehe man auf sicheren Beinen, um die Rückgabe zu vollziehen.
Als Teilnehmerin der Verhandlungen Anfang Oktober in Namibia sei sie über den Einspruch von einem Teil der Namavertreter sehr überrascht. Denn alle Beteiligten, Vertreter der Regierung, führende Vertreter der Witbooi-Familie und der Nama, hätten sich über eine baldige Rückgabe gefreut.

Kampf gegen die Kolonialherren

"Beide Objekte sind für Namibia, insbesondere für die Gruppe der Nama, von großer symbolischer Bedeutung. Sie haben Hendrik Witbooi gehört, ein gläubiger Christ, der gegen die deutschen Kolonialherren gekämpft hat – quasi mit der Bibel in der Hand. Die Peitsche ist auch ein Symbol der Macht, beides erbeutet bei einer Schlacht. So ist es für die Menschen vor Ort unglaublich wichtig, dass diese symbolisch aufgeladenen Objekte nach Namibia zurückkommen."
Eine Vereinigung des Nama Stammesältesten NTLA wolle die Rückgabe verhindern und durch Anwälte in New York neue Verhandlungen mit Deutschland führen. Es müsse jedoch beachtet werden, dass mehrere Gruppen die Nama-Interessen vertreten würden, so Olschowski. Mit zwei wichtigen Führern der Witbooi Familie habe sie verhandelt:
"Es waren bei diesem Gespräch auch einige der Stammesältesten der Witbooi dabei. Von denen erreicht uns die Nachricht, dass sie diese Rückgabe erleben wollen und deshalb wollen, dass sie schnell passiert."

Kunstobjekte für die Öffentlichkeit

Die Rückgabe an den Staat sei dass große Ziel, damit diese wichtigen Objekte, die für so viele in Namibia von Bedeutung seien, öffentlich in Museen zugänglich würden und nicht irgenwo in Privatbesitz landeten.
Lernen könne man aus diesem Restitutionsprozess, wie wichtig es sei, dass es künftige keine generellen Regelungen geben sollte, sondern auch Einzelfalllösungen möglich blieben. Nach vielen Monaten mit verschiedensten Gesprächpartnern hätte man das Gefühl gehabt, alle Beteiligten ins Boot geholt zu haben:
"Und dann zeigt sich, dass möglicherweise an bestimmten Ecken doch Irritationen sind. Das bedeutet, dass wir davon ausgehen müssen, dass jede dieser Rückgaben immer wieder mit anderen Situationen und anderen Fragestellungen verbunden sind."
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