Horst Bredekamp: „Michelangelo“
Verlag Klaus Wagenbach 2021
810 großformatige Seiten, 118 Euro
Preis der Leipziger Buchmesse 2022
Sachbücher erweitern den Blick auf die Welt. © Getty Images / iStockphoto / Man As Thep
Die Sachbuch-Nominierten im Gespräch
54:56 Minuten
Wer hat das beste Sachbuch geschrieben? Wir stellen die Shortlist für den „Preis der Leipziger Buchmesse“ vor und haben mit den Nominierten gesprochen: Horst Bredekamp, Juliane Rebentisch, Hadija Haruna-Oelker, Christiane Hoffmann und Uljana Wolf.
Die Auswahl kann nicht leichtgefallen sein: 441 Bücher aus 169 Verlagen haben sich um den „Preis der Leipziger Buchmesse 2022“ beworben. Die Jury um Kritikerin Insa Wilke hat 15 Finalisten ausgewählt, je fünf aus Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung. „Im Sachbuch hat uns die mitreißende Intensität überzeugt, mit der die Autor:innen sich mit völlig unterschiedlichen rhetorischen Ansätzen ihren Fragestellungen widmen“, erklärt Wilke.
Andrea Gerk und Christian Rabhansl haben alle fünf Sachbuch-Nominierten zu ihren Büchern befragt.
Bildhauer, Maler, Architekt und Dichter: Es gibt kaum etwas, das Michelangelo nicht beherrschte. Warum dieser scheinbar vollendete Künstler vieles unvollendet gelassen hat und weshalb seine Kunst auf uns bis heute so gegenwärtig wirkt, ergründet der Kunsthistoriker Horst Bredekamp in seinem eleganten wie monumentalen Buch.
Unser Gespräch mit dem Autor
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Die Begründung der Jury: „Umfassend und zugleich mit Liebe zum Detail präsentiert Horst Bredekamp Leben und Werk Michelangelos. Seine reich bebilderte Monografie lädt zur kulinarischen Lektüre ebenso ein wie zum Nachschlagen und ist jetzt schon ein Standardwerk der Kunstgeschichte.“
Die Schriften Hannah Arendts haben zurzeit Konjunktur. Warum und ob zurecht, das will Juliane Rebentisch erforschen und diskutiert in dichten Kapiteln die Arendt’schen Fragen nach Politik und Wahrheit, Moral und Erziehung, Diskriminierung und Identität. Herausgekommen ist keine Hommage, sondern eine kritische Auseinandersetzung damit, was Hannah Arendts Texte zu unserer Gegenwart sagen.
Hören Sie hier unser
Gespräch mit der Autorin
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Die Begründung der Jury: „Philosophisch bestens geschult und dennoch auf zugängliche und rhetorisch herausragende Weise geht Juliane Rebentisch in einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Denken Hannah Arendts einem Begriff nach, der die heutigen gesellschaftlichen Debatten bestimmt: Pluralität.“
Juliane Rebentisch: „Der Streit um Pluralität. Auseinandersetzungen mit Hannah Arendt“
Suhrkamp Verlag 2022
287 Seiten, 28 Euro
Rassismus, Intersektionalität und Diskriminierung sind schon lange Themen, mit denen sich die Politikwissenschaftlerin befasst. Sehr persönlich erzählt sie von Ihrem Versuch, anderen zuzuhören und sie besser zu verstehen. Ihr Ziel ist es, Differenz nicht als störende Abweichung zu begreifen, sondern die Schönheit der menschlichen Differenz zu feiern. Ein Buch für mehr Offenheit und Respekt.
Unser Gespräch mit der Autorin
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Die Begründung der Jury: „Hadija Haruna-Oelker verknüpft eindrücklich persönliche Erfahrungen mit dem Versuch, Anliegen und Positionen unterschiedlicher progressiver Bewegungen darzustellen. Performativ setzt sie durch ihren sprachlichen Gestus die Vision um, von der ihr Buch handelt.“
Hadija Haruna-Oelker: „Die Schönheit der Differenz. Miteinander anders Denken“
btb Verlag 2022
560 Seiten, 24 Euro
Christiane Hoffmanns Vater floh 1945 aus Schlesien. In der Pandemie reist sie in sein Heimatdorf und wandert von dort aus den Fluchtweg nach. Sie berichtet von der Geschichte ihres Vaters, von ihren eigenen Begegnungen unterwegs und spannt damit die Frage nach Flucht und Vergessen aus der sehr persönlichen Familiengeschichte bis in die Gegenwart.
Hier das
Gespräch mit Christiane Hoffmann
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Die Begründung der Jury: „Christiane Hoffmann macht sich auf den Weg ihres aus Schlesien geflohenen Vaters, um auch emotional zu verstehen, was damals geschah. Ihre bewegende Rekonstruktion erzählt einnehmend klar von den Ambivalenzen und Bruchlinien im deutsch-polnisch-russischen Verhältnis.“
Christiane Hoffmann: „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“
Verlag C.H.Beck 2022
279 Seiten, 22 Euro
Was geschieht, wenn wir sprachliche Missverständnisse ernst nehmen? Wenn wir gegen Verschiebungen und Ungenauigkeiten nicht mit Präzision vorgehen, sondern im Sprachspiel weiterdrehen? Die Dichterin und Übersetzerin Uljana Wolf erkundet die Möglichkeiten der Verständigung an den Grenzen zwischen den Sprachen und erprobt gleichzeitig die Grenzen der Textformen. Aus ihren Essays werden „Guessays“, eine Versuchsanordnung, die zum Ausprobieren einladen will.
Das Gespräch mit der Autorin
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Die Begründung der Jury: „‘Etymologischer Gossip‘ lässt sich als intellektuelle Autobiographie lesen. Uljana Wolf führt mit diesem vor Esprit funkelndem Buch aber vor allem in die Fragen von Ethik und Poetik der Übersetzung ein – und sensibilisiert für deren gesellschaftspolitische Relevanz.“
Uljana Wolf: „Etymologischer Gossip. Essays und Reden“
kookbooks Verlag 2021
229 Seiten, 22 Euro