Potsdam

Der Streit um die Garnisonkirche

Ein Eckstück der Balustrade der Garnisonkirche mit Flammenvase und Satyrkopfvase erinnern an die gesprengte Garnisonkirche.
Ein Eckstück der Balustrade der Garnisonkirche mit Flammenvase und Satyrkopfvase erinnern an die gesprengte Garnisonkirche. © picture alliance / ZB
Von Axel Flemming · 13.08.2014
Seit Jahren entzweit der Streit um die Potsdamer Garnisonkirche Potsdam die Bürger der Stadt. Während die einen den Wiederaufbau anstreben, verbinden andere das Gebäude einzig mit Militarismus und seiner Bedeutung im Nationalsozialismus.
Breite Straße Ecke Dortustraße – bis 1968 stand hier die Garnisonkirche. Heute steht hier das Rechenzentrum des Landes, an der Fassade Mosaike im Stil des sozialistischen Realismus. Hinter den freigelegten historischen Fundamenten der Garnisonkirche befindet sich nur eine provisorische Container-Kapelle.
Davor ein riesiger Drahtkäfig, in dem Adler, Krone und Wetterfahne für den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche werben, aber der ist umstritten. In Potsdam ist ein Teil der alten Mitte schon wieder aufgebaut. Das Stadtschloss zeigt nach außen die alte Fassade, im Inneren aber den modernen Bau des Landtags Brandenburg.
Korrektur der alten Entscheidung gegen das Bauwerk in der DDR
Daneben, Richtung Havel, entsteht gerade der Palast Barberini. Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung preußische Schlösser und Gärten:
"Das Leitbautenkonzept, das man hier in Potsdam hat, sagt ja also: nicht alles soll hier rekonstruiert werden. Und das finde ich ist auch die richtige Entscheidung. Ich glaube, das braucht auch Potsdam: die Balance zwischen Alt und Neu, damit man nicht nur nach hinten, sondern auch noch vorne guckt."
Die Aufbaubefürworter wollen nicht nur die Baulücke schließen, sie wollen auch eine Entscheidung aus der DDR-Zeit gegen das Bauwerk korrigieren.
Die Bürgerinitiative ‚Potsdam ohne Garnisonkirche' war mit ihrem Bürgerbegehren dagegen sogar in der Stadtverordnetenversammlung Ende Juli erfolgreich.
Simon Wohlfahrt, einer der Initiatoren:
"Potsdam braucht eigentlich diese Kirche nicht, wir haben genug kirchliche Räume. Und so einen riesengroßen Aufwand zu betreiben, um ein Gebäude mit altem Gewande, in alter Fassade wiederaufzubauen, ist eigentlich nicht gerechtfertigt."
Gegner sehen die Kirche als ein Symbol für Militarismus
Hauptargument gegen die Garnisonkirche ist der Militarismus und ihre Rolle in der Propaganda des nationalsozialistischen Staates. Das Gebäude wird 1735 als preußische Militärkirche gebaut. Die Garnisonkirche steht aber vor allem für die inszenierte Einheit von "altem und neuen Deutschland" am 21. März 1933, dem sogenannten Tag von Potsdam.
Adolf Hitler lässt hier medienwirksam den Schulterschluss seiner nationalsozialistischen Bewegung und der preußisch-militärischen Elite zelebrieren. Symbolisiert in der tiefen Verbeugung Hitlers vor dem greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg.
"Der Ort, an dem wir uns heute versammelt haben, mahnt uns zum Rückblick auf das alte Preußen, das in Gottesfurcht durch pflichttreue Arbeit nie verzagenden Mut und hingebende Vaterlandsliebe groß geworden ist und auf dieser Grundlage die deutschen Stämme geeint hat."
2017 könnte der erste Gottesdienst stattfinden
Militärische Nutzung in einer Garnisonsstadt, historisch gesehen ein Ereignis, das das Ende der Weimarer Republik bedeutete, reicht das als Argument, einen Neuaufbau zu verhindern?
Hartmut Dorgerloh:
"Ich finde es erstens problematisch, wenn man Gebäude für das, was in ihnen passiert ist, verantwortlich macht. Dann könnte ich mir Bundesministerien in bestimmten Berliner Gebäuden gar nicht vorstellen. Deshalb bin ich dafür, dass man den Turm hier wieder aufbaut. Allerdings indem man deutlich macht: das ist nicht der alte Garnisonkirchenturm, sondern das ist ein neues Wahrzeichen der Stadt, denn die Geschichte der Garnisonkirche ist eben keine Geschichte von König, Kaiser, Hindenburg, Hitler; das ist zum Beispiel auch die Geschichte der DDR."
Denn 1945 zum Kriegsende treffen zwar Bomben das Gebäude, die Ruine wird aber bald wieder für das geistliche Leben genutzt; erst 1968 als Symbol des preußischen Militarismus gesprengt. Für Peter Leinemann, den Verwaltungsvorstand der Stiftung Garnisonkirche, ist dieser Teil der DDR-Geschichte ein Argument für den Wiederaufbau:
"Ich will hoffen, dass wir 2017 in einer Kapelle in diesem Turm einen Gottesdienst feiern können."
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