50 Jahre Playmobil

Spielwelten voller freundlicher Plastikfigürchen

Kind spielt mit ihrer Playmobil Ritterburg
Ritter beim Schwertkampf: Bis heute sind rund 3,8 Milliarden Playmobilfiguren hergestellt worden. © imago / Thomas Eisenhuth
Einer der Geburtshelfer von Playmobil war die Ölkrise. Hinzu kam ein genialer Erfinder, der wusste, wie Kinder Spielwelten erschaffen. Vor 50 Jahren wurden die Playmobilfiguren erstmals auf einer Spielwarenmesse vorgestellt.
Generationen von Kindern haben mit ihnen gespielt: Playmobilfiguren. Das Systemspielzeug ist so alt wie der VW-Golf und so wie er eine Antwort auf die Ölkrise 1973. Bis heute wurden nach Herstellerangaben rund 3,8 Milliarden Figuren gefertigt. Würden sie sich alle an den Händen halten, könnten sie fast vier Mal unsere Erde umarmen, heißt es auf der Website des Museum Speyer, das dem Spielzeughersteller aus Anlass seines 50. Geburtstags eine Ausstellung gewidmet hat.

Wer hat Playmobil erfunden und wie kam es dazu?

Kunststoffverarbeitende Unternehmen wie die Firma Geobra Brandstätter waren Anfang der 1970er-Jahre vom Ölpreisschock stark betroffen. Das Familienunternehmen im fränkischen Zirndorf, 1872 gegründet, hatte mit Blechspielzeug angefangen und produzierte zu der Zeit Hula Hoop-Reifen, Spielzeugtraktoren und große Boote aus Plastik. Horst Brandstätter, Firmenchef in vierter Generation, wollte weg von den großen, teuren Plastikprodukten und beauftragte seinen Chefdesigner Hans Beck damit, ein kleinteiliges Spielzeug mit hohem Spielwert zu entwerfen, das sich kostengünstig produzieren ließe.

Ritter, Indianer und Bauarbeiter

Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg vom 2. bis 8. Februar 1974 präsentierte der Unternehmer dann die ersten Playmobilfiguren: Ritter, Indianer und Bauarbeiter. Anfangs waren die Reaktionen verhalten - doch am vorletzten Messetag gewann Brandstätter einen Einkäufer aus Holland, weitere Großhändler folgten.
Die Firma war gerettet - und steckte fortan alle Kräfte in die Weiterentwicklung von Playmobil. 1976 kamen die ersten weiblichen Figuren auf den Markt. Seit 1994 gelten die faustgroßen Figuren mit ihrem freundlichen Lächeln außerdem als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst.

Warum ist Playmobil seit Generationen beliebt?

Spielzeugfiguren mit Zubehör: Das war vor 50 Jahren neu. Statt auf Feuerwehrautos oder Raumschiffe zu setzen, stellte der Chefentwickler von Geobra Brandstätter, Hans Beck, ein eher kleines, stilisiertes Männchen in den Mittelpunkt des kindlichen Spiels. Sein Credo, das er einst der Süddeutschen Zeitung verriet: "Von der Figur ausgehend entwickeln wir die ganze Welt."
Klassische Playmobilfiguren sollen mit ihrer Größe von 7,5 Zentimetern genau in Kinderhände passen. Außerdem sie sind beweglich, und eine Playmobil-Figur kann alles sein, je nach Zubehör: Gibt man dem Bauarbeiter das Schwert in die Hand, wird er zum Ritter.
Eine Playmobilfigur wirbt für den neuen Playmobil-Shop in den Pasing Arcaden in München.
Immer freundlich: Playmobilfiguren haben ein Dauerlächeln im Gesicht.© picture alliance / Markus C. Hurek
Die Gesichter der Playmobilfiguren sind (fast immer) freundlich. Und weil Hans Beck beobachtet hatte, dass Kinder beim Zeichnen von Menschen oft ohne Nase und Ohren auskommen, haben auch die Playmobilfiguren weder Ohren noch Nase. Auch die Peanuts von Comiczeichner Charles M. Schulz sollen beim Entwurf der Playmobil-Gesichter Pate gestanden haben.
Dass ihre harmlose Anmutung wohl zum Erfolg beigetragen hat, zeigt auch der Misserfolg der Play-Big-Figuren, die etwas größer und ein wenig realistischer waren, auch traurig oder grimmig guckten. Zwar konnte der Play-Big-Hersteller 1979 eine Plagiatsklage von Playmobil-Gründer Horst Brandstätter vor dem Bundesgerichtshof (BGH) abwehren. Doch am Markt setzte sich Playmobil durch, die Produktion der Play-Big-Figuren wurde nach wenigen Jahren eingestellt.

Was sind die erfolgreichsten Playmobil-Figuren?

Die meistverkaufte Playmobilfigur ist Martin Luther. 2015 brachte Playmobil im Auftrag der Congress- und Tourismuszentrale Nürnberg den Reformator als Plastikmännchen auf den Markt. Nach nur drei Tagen war die erste Auflage von 34.000 Exemplaren verkauft. Inzwischen gibt es den Mini-Reformator in verschiedenen Versionen.
Martin Luther als Playmobil-Figur ist am 06.02.2015 im Stadtmuseum Fembohaus in Nürnberg (Bayern) zu sehen.
Martin Luther ist die - aus wirtschaftlicher Perspektive betrachtet - erfolgreichste Playmobilfigur.© picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Der Bauarbeiter und der Ritter sowie das erste Playmobil-Piratenschiff waren von Anfang an sehr populär. Auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehen außerdem die Feuerwehr, Meerjungfrauen und das Krankenhaus.
Aus Kooperationen mit anderen Firmen haben sich inzwischen weitere Variationen ergeben. So können Playmobil-Fans mit Asterix und Obelix auf Wildschweinjagd gehen oder kleine Porsche-Autos herumfahren lassen.
Playmobilfiguren spiegeln den Zeitgeist wider, sagt Christine Lorber, Leiterin des Städtischen Museums in Zirndorf. Den Bierkasten zum Beispiel, der anfangs noch als Accessoire zum Bauarbeiter gehörte, gibt es längst nicht mehr.

Wie steht das Unternehmen wirtschaftlich da?

Zuletzt ist die Spielwarenmarke Playmobil in die Krise geraten: Sie hat erstmals in ihrer Firmengeschichte Verlust eingefahren. Der Umsatz der Spielwarenmarke der Horst Brandstätter-Gruppe schrumpfte im Geschäftsjahr 2022/2023 von 653 Millionen auf 614 Millionen Euro.
Die fränkische Unternehmensgruppe will weltweit rund 700 der etwa 4000 Stellen bis 2025 abbauen, auch die deutschen Standorte sind betroffen. Dem Unternehmen machen nach eigenen Angaben die hohen Energiepreise, die Rezession und die Folgen der Coronapandemie zu schaffen.
Playmobil muss sich zudem gegen die digitale Spielzeugkonkurrenz behaupten und auf die wachsende Nachfrage nach umweltfreundlichem Spielzeug eine Antwort finden.
Im fränkischen Zirndorf, wo die Unternehmenszentrale sitzt, hofft man, dass sich der Playmobil-Hersteller wieder fängt. Dort ist man stolz auf ein Weltunternehmen, das jährlich bis zu 900.000 Besucherinnen und Besucher in den Playmobil Funpark lockt.
Die Firma ist auch der größte Gewerbesteuerzahler vor Ort, sagt Zirndorfs Bürgermeister Thomas Zwingel. Doch die Kommunikation mit Playmobil verlaufe seit dem Tod von Firmengründer Horst Brandstätter 2015 schleppend, klagen Lokalpolitiker. Playmobil hingegen versichert, dass die angekündigten Einsparungen die Standorte langfristig sichern werden.

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