Prank des Künstlerkollektivs Peng

Aktion gegen ein Spotify für Verlage

Fachpublikum auf der Frankfurter Buchmesse: Menschen vor Ständen mit Büchern.
Sind Google, Amazon und Co bald auch die entscheidenden Player auf der Frankfurter Buchmesse? Das Peng-Kollektiv zumindest fürchtet, dass große Techunternehmen den Literaturbetrieb in Zukunft bestimmen. © picture alliance / epd-bild / Thomas Lohnes
Von Mischa Ehrhardt · 20.10.2023
Auch der Deutschlandfunk ist auf eine Aktion von Peng hereingefallen. Das Künstlerkollektiv hat sich auf der Frankfurter Buchmesse als Start-up ausgegeben, das per KI aus vorhandenen Texten neue generiert – und dabei deren Urheber vergütet.
Viel Gewimmel, ein kleiner Messestand und ein Fernsehkamerateam beim Aufbau seiner Technik. Das ist eine der typischen Situationen auf der Frankfurter Buchmesse. Der Stand in Halle 3.1 heißt „Amazing Books“ - und das Ganze ist ein Fake.
„Amazing Books“ warb in seiner Pressemitteilung dafür, mithilfe Künstlicher Intelligenz personalisierte Bücher kreieren zu können. Das KI-Modell griffe auf vorhandene Bücher und Werke zurück und erschaffe daraus neue Bücher. Die seien dann zugeschnitten auf Vorlieben, Hobbys und Lesegewohnheiten der Kundinnen und Kunden, in Stil und Inhalt maßgeschneiderte Bücher sozusagen.
Eigentlich interessant: Die vorgebliche Idee dahinter, weswegen auch ich als Wirtschaftsjournalist darauf angesprungen bin. Denn das System weise die verwendeten Bücher transparent aus und beinhalte ein Vergütungssystem, um die Urheberrechte von Autorinnen und Autoren und die der Verlage zu wahren.

Angst vor der Marktmacht von Elon Musk, Amazon oder Google

Doch das ist eine Illusion, zumindest nach Ansicht von Peng. Auf diesen Missstand wollte das Kollektiv mit seinem fingierten Messestand, der durchaus echt wirkte, aufmerksam machen. „Gerade beobachten wir den Trend, dass große Unternehmen ungehindert wachsen und uns alle abhängig machen“, sagt Sophie Krause vom Peng-Kollektiv. „Sei es Elon Musk, Amazon oder Google und Co. Wir brauchen Wege, wie wir Macht auch in der Wirtschaft dezentralisieren können.“ Konkret gehe es um die Befürchtung, dass so etwas wie ein Spotify für Verlage entsteht.
In der Tat wirft die Erfindung von KI-Systemen wie ChatGPT die Frage auf, mit welchen Inhalten sie gefüttert werden. Aktuell durchstöbern die Maschinen das gesamte Internet. Sie scannen dort Audios, Texte und Bilder. Allerdings haben diese auch Urheberinnen und Urheber. Und die leben im Zweifel davon, diese Inhalte zu produzieren. Das gilt für Rundfunkanstalten ebenso wie für Verlage von Zeitungen oder Büchern.

Zahlreiche Unternehmen sollen Interesse gezeigt haben

„Alles, was KI nutzt, ist von irgendwem verfasst worden, das ist größtenteils geistiges Eigentum“, bringt es Thomas Koch auf den Punkt. Er ist Sprecher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, der die Interessen der Buchbranche vertritt. „Gleichzeitig sollen ja auch die Nutzer*innen sehen können: Hat dieses Produkt eine KI entworfen? Oder ist das Buch von einem Menschen geschrieben worden? Hier brauchen wir klare Transparenz – und auch Vergütungsregeln.“ So gesehen hat die Aktion von Peng und ihrer vermeintlichen Lösung ins Schwarze getroffen.
Das zeigt auch die Resonanz auf den Peng-Stand „Amazing Books“ auf der Frankfurter Buchmesse. Nicht nur ich und andere Medienvertreter fanden das Thema spannend. Nach Angaben des Kollektivs verhandelten die Aktivistinnen und Aktivisten während der Messe mit den kaufmännischen Geschäftsführern und Fachverantwortlichen von über 30 Verlagen. Auch ein großer Onlinehändler habe nach Aussagen der Aktivisten Interesse gezeigt.
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