Osterbräuche bei den Sorben

Von Adolf Stock · 07.04.2012
Laut geht es bei den Sorben an Ostern zu. Die Katholiken feiern ein farbenfrohes Reiterfest, die protestantischen Frauen ziehen durch die Straßen und singen Passionslieder.
"Das sorbische Volk ist eigentlich ein österliches Volk, wir haben unser schönstes Fest und unseres schönstes Brauchtum um Ostern herum, und das ist eine Demonstration der Hoffnung für unser Volk. Das war eigentlich immer die Stärke des sorbischen Volkes, auf Glauben und Hoffnung zu setzen."

Michael Brezan war lange Jahre katholischer Pfarrer in der Gemeinde Nebelschütz. Zwanzig Kilometer südöstlich, in der Kreisstadt Bautzen, das auf obersorbisch Budyšin heißt, lebt Tomasz Nawka. Er ist Leiter des Sorbischen Museums der Stadt und erzählt von den sorbischen Osterbräuchen:

"Bei den katholischen Sorben beginnt mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit. Und dann der Karfreitag, die Wache am Grab Christi. Und dann auch das Osterklappern, dass man betend durch das Dorf zieht, die Glocken schweigen ja nach der Messe Donnerstag und dann eben dieses festliche Begehen, dieser Aufbruch mit den Osterreitern."

Am Ostersonntag sind 1500 Reiter unterwegs, um bei einer der neun Prozessionen im Sorbenland mit dabei zu sein. Die Reiter aus Rosenthal haben einen besonders weiten Weg. Nach Wittichenau und zurück sind es 40 Kilometer, die singend und betend bewältigt werden müssen. Hoch zu Ross, mit dem Kreuz, einer Statue des Auferstandenen und farbenprächtigen Kirchenfahnen reiten die Männer laut singend zur Nachbargemeinde:

"Die Osterreiter, die haben alle die gleiche Kleidung, ein weißes Hemd, Osterreiterhose natürlich in Schwarz oder Dunkelblau, Stiefel natürlich, gehört ja dazu. Die Osterreiter haben einen Gehrock, eine schwarze Krawatte und einen Zylinder auf dem Kopf."

Es ist eine kostspielige Ausstattung, sagt Maria Eiselt. Ihr Mann, ihre zwei Söhne und ein Schwager sind Osterreiter. Aber über Geld spricht man nicht, auch wenn das Mieten der Pferde, die oft von weit her kommen, und die Bewirtung der Reiter das Haushaltsbudget strapazieren.

Das Osterreiten hat einen heidnischen Ursprung. Noch heute gibt es in der Gemeinde Ostro das Ostersaatreiten: Am Ostersonntag verkünden die Reiter zwar die Wiederauferstehung Christi, aber sie reiten auch über die Felder und bitten um eine gute Ernte und um Gottes Hilfe für Mensch und Tier.

Während die katholischen Sorben das Osterreiten pflegen, gibt es auf evangelischer Seite diesen Brauch nicht mehr. Nach der Reformation wurde das Osterreiten verboten. Seitdem pflegen die Protestanten eine andere Tradition. Gertrud Mahling, die Frau des Superintendenten aus Bautzen, erzählt vom Ostersingen, bei dem sorbische Frauen durch die Dörfer ziehen und Passionslieder singen:

"Es ist eine Tradition, die sagen wir mal über Jahrhunderte bestanden hat, und dann hat das richtig einen Abbruch erlitten. Spätestens so um 1950, 1960 war eigentlich in allen Dörfern alles vorbei. Und dann hat man in Schleife, in Rohne, Anfang der 90er Jahr, so ungefähr um 1990 haben sich einige Frauen zusammengetan, ältere Frauen, die das aus ihrer Jugend noch kannten, und haben als alte Frauen den Brauch wieder neu belebt."

2011 ist Gerdrud Mahling erstmals mit den Frauen von Hof zu Hof gezogen:

"Es ist ein Ostersingen, das heißt man verkündet die Auferstehung Jesu Christi. Es gab richtig schöne Szenen, wenn man früh um drei in einem alten Gehöft sitzt und die Bewohner noch alle munter waren und gewartet haben und der Kuchen frisch auf dem Tisch stand und Kaffee, also etwas sehr Schönes, etwas Wunderbares. Also die Leute, die besucht wurden, die warten auch richtig darauf."

Die sorbischen Bräuche sind oft eine unentwirrbare Symbiose von heidnischen und christlichen Motiven. In vorchristlicher Zeit verehrten die Sorben in heiligen Hainen Sonnen- und Flussgötter. Sie glaubten an Hexen und Kobolde, an den Teufel und an den Drachen Plon. Der Plon kam manchmal als struppige Henne oder erschien in Gestalt einer Eule. Bei den Sorben ist der Hase nicht nur ein Symbol für Fruchtbarkeit, er kann auch ein böses Tier sein, das den Menschen Unheil bringt. Der evangelische Superintendent Jan Mahling hat schon viele Geschichten gehört, wenn er über die Dörfer fährt:

"Dieses wirklich Ursprüngliche, wenn man Leute dann fragt, wie ist denn das bei der und der Frau, ach dort läuft immer so ein dürrer Hase rum ums Gehöft, da stimmt was nicht, dort gehen wir nie gerne hin. So, in der Kategorie bewegt sich das. In wieweit noch mehr vorhanden ist, ist für mich als Pfarrer dann auch schlecht abzuschätzen, weil man mir das als Letztem erzählt."

In einem Seitenflügel der Bautzener Ortenburg befindet sich das Museum für die Geschichte und Kultur der Sorben. Dort sind auch traditionelle Musikinstrumente der Sorben ausgestellt, der Dudelsack und die kleine und die große sorbische Geige, die jeweils nur drei Saiten haben. Zu Ostern werden auch in der Lausitz Eier gefärbt und kunstvoll verziert. Museumsdirektor Tomasz Nawka spricht über eine alte Tradition:

"Das Ei als Symbol des Lebens, das auch eine Rolle spielte bei den Patengeschenken, da bekam man immer drei gefärbte Eier, nicht so elegant und künstlerisch verziert, wie es heute Brauch ist, dass man das dann kultiviert hat und zu Wettbewerben entwickelt hat, auch die traditionellen sorbischen Techniken, also die Wachstechnik, die Ätztechnik, die Kratztechnik und dann die Wachsbossier, also das ist eine Mischtechnik, aber die Achtung und die Bedeutung des Eis weltweit ist überall die gleiche."

Tomasz Nawka erzählt von alten sorbischen Bäuchen, die heute nur noch dem Vergnügen dienen und ihre rituelle Bedeutung verloren haben.

"Zum Beispiel das Osterschießen, das heißt im sorbischen eigentlich viel interessanter. Es wird ja geknallt, es wird ja nicht geschossen. Es wurden ja früher mit dem Karbid Kannen gefüllt, Milchkannen. Dann früher gab es auch das Osterwasser holen. Teilweise wird das jetzt als Brauch wiederbelebt, aber man muss auch davon ausgehen, dass die Bräuche sehr still sind, das sind ja keine öffentlichen Veranstaltungen, das ist ja verbunden mit dem eigentlichen inneren Bedürfnis, etwas zu tun und nicht für das Äußere, für Besucher und so weiter."

Mit dem Osterwasser hat man sich gewaschen oder hat es den Tieren zu trinken gegeben, damit sie gesund bleiben. Es gehört zu den alten Ritualen, denen das Christentum nichts anhaben konnte.

"Das holen sich junge Mädchen, die dürfen nicht sprechen. Und dann verstecken sich an dem Bach Burschen und erschrecken die Mädchen. Wenn die anfangen zu kreischen und sich verplappern, dann ist das natürlich Plapperwasser, dann ist die Wirkung weg."

Weiterführende Informationen:
Informationen aus der sorbischen Region
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