Nino Haratischwilis "Das mangelnde Licht" am Thalia Theater

Das Stück der Stunde

06:42 Minuten
Foto von der Inszenierung: Eine Frau fotografiert im Vordergrund. Im Hintergrund ist ein verpixeltes Bild eines Panzerfahres in Aktion zu sehen.
„Das, was wir jetzt in der Ukraine über Fernsehbilder mitbekommen, erleben wir auf der Bühne – wie so ein Zoom zurück und in der Gleichzeitigkeit“, sagt unsere Kritikerin Heide Soltau. © Armin Smailovic/Agentur Focus
Heide Soltau im Gespräch mit Marietta Schwarz · 26.02.2022
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Viereinhalb Stunden Spannung im Thalia Theater: Nino Haratischwilis neuer Roman "Das mangelnde Licht" ist noch nicht erschienen, und doch gibt es schon eine Bühnenfassung von Jette Steckel. Und die ist großartig, wie unsere Kritikerin berichtet.

Worum geht es?

Es geht um den Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er-Jahre und die Unabhängigkeit Georgiens. Dargestellt wird diese Transformation anhand des Lebens von vier Freundinnen in Tiflis, die voller Hoffnung in die neue Zeit starten, deren persönliches Leben aber mit der Perestroika durcheinandergerät.
Es geht um die Kriege, die darauf folgen, was diese mit den Menschen anrichten – und was sie an Schlechtigkeiten, an Gewalt auch in ihnen hervorrufen. 

Was ist das Besondere?

Regisseurin Jette Steckel hält sich in ihrer Inszenierung am Hamburger Thalia Theater an die Struktur des Romans "Das mangelnde Licht" von Nino Haratischwili:
2019 treffen sich drei der vier Frauen in Brüssel wieder. Anlass ist eine Ausstellung zu Ehren der inzwischen verstorbenen vierten Freundin, die eine renommierte Fotografin war. Anhand der Bilder, die in dieser Retrospektive gezeigt werden, erinnern sich die Frauen zurück an Tiflis Ende der 80er-Jahre.
Die Bühne von Florian Lösche besteht aus beweglichen Wänden, die den Ausstellungsraum darstellen sollen. Es sind verpixelte Wände, auf die die Fotos vom persönlichen Umbruch der vier Freundinnen genauso wie vom politischen Umbruch der Region mit all der Gewalt, die stattgefunden hat, projiziert werden. Diese verpixelten Wände verwandeln sich in die Gassen von Tiflis, in die Wohnungen. Wir wandern von Raum zu Raum mit den Figuren. 

Fazit

„Das mangelnde Licht“ ist das Stück der Stunde. Es dauert viereinhalb Stunden, doch die Spannung im Publikum war von Anfang an fast mit den Händen zu greifen. Es gab kein Rascheln, kein Husten, keine Unruhe im Saal. Die Zuschauer saßen wie festgenagelt auf ihren Plätzen. Ein emotionaler, aufklärerischer, aufwühlender und reicher Abend.

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