Nicole Zepter: "Wer lacht noch über Zonen-Gaby?"

"Es ist kein Vorteil, ostdeutsch zu sein"

10:48 Minuten
Nicole Zepter steht vor einer Wand und lächelt
Nicole Zepter beschäftigt sich mit deutsch-deutschen Befindlichkeiten. © Gunnar Geller
Nicole Zepter im Gespräch mit Joachim Scholl · 01.09.2022
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Die Autorin Nicole Zepter beklagt in ihrem neuen Buch eine Abwertung der Ostdeutschen. Diese habe bereits direkt nach dem Mauerfall begonnen. Von den Westdeutschen erhofft sie sich mehr Offenheit und einen Bewusstseinswandel.
1989, pünktlich zum Mauerfall, veröffentlichte das Satiremagazin "Titanic" eine Ausgabe, bei der auf dem Cover eine "Zonen-Gaby" genannte Frau mit einer geschälten Gurke und dem Spruch "Meine erste Banane" zu sehen war.

Nehmen die uns jetzt was weg?

Für die Autorin Nicole Zepter ist diese fiktive Figur und ihr Erfolg ein Symbol für die letzten drei Jahrzehnte, in der es ihrer Ansicht nach eine kontinuierliche Abwertung von Ostdeutschen gegeben hat: "Die startete ja schon direkt nach dem Mauerfall. Da gab es erst mal eine Problematisierung der Wiedervereinigung. 'Nehmen die uns jetzt was weg?' wurde von Westseite - auch in den Medien - stark kommuniziert."
Zepters neues Buch heißt "Wer lacht noch über Zonen-Gaby?" Hier wird auch ein Artikel der "Süddeutschen Zeitung" aus dem Jahr 2010 erwähnt, der die Frage stellte: "Wer ist eigentlich die Frau, die uns vor 20 Jahren als Zonen-Gaby auf dem Titanic-Titel erfreute?"
Das "uns" klingt, als wäre die Gesamtheit der Deutschen erfreut gewesen. Doch Zepter glaubt nicht, dass sich tatsächlich alle davon angesprochen fühlten. Mit ihrem Buch versucht sie, auf die strukturellen Probleme zu blicken und kommt zu dem Schluss:
"Es ist kein Vorteil heute, ostdeutsch zu sein. Es gibt ein Lohngefälle, es gibt das Rentengefälle, es gibt eine klare Diskriminierung." Die Frage sei: "Warum bleibt das eigentlich so unwidersprochen von Westseite?"

Wunsch nach einem Bewusstseinswandel

Die Antwort findet Zepter in der Politik, aber auch in den Medien: Der überwiegende Teil von Zeitschriften und Zeitungen befinde sich in Westhand.
Das Interesse am Thema und einer Versöhnung scheint insgesamt eher aus dem Osten zu kommen. So gibt es zu dem Buch bereits Anfragen für Lesungen, aber keine davon aus Westdeutschland. Zepter:
"Ich wünsche mir einen Bewusstseinswandel auf Westseite und eine Offenheit, auf dieses Thema zuzugehen und sich zu hinterfragen: Habe ich mich eigentlich jemals dafür interessiert? Wie bin ich in der Nachwendezeit mit dem Thema umgegangen? Und wo stehen wir heute? Wie gehe ich eigentlich mit jemandem um, der aus Ostdeutschland kommt?

Nicole Zepter: "Wer lacht über Zonen-Gaby? Ein Vorschlag zur Versöhnung"
Tropen Verlag, Stuttgart
192 Seiten,18 Euro

(hte)
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