Neu im Kino: "Stillwater"

Auf Spurensuche in Marseille

10:59 Minuten
Ein Mann mit Basecap und Rucksack läuft durch eine Fußgängerzone. Sein Blick ist ernst und nach unten gerichtet.
Auf eigene Faust unterwegs: Bill Baker (Matt Damon) begibt sich nach Marseille, um seine Tochter zu retten – und das, ohne ein Wort Französisch zu sprechen. © imago / Focus Features
Von Jörg Taszman · 09.09.2021
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Ein Ex-Ölarbeiter aus den USA will seine Tochter aus einem französischen Gefängnis retten. Davon erzählt Tom McCarthy in "Stillwater" – ein gelungener Film, der immer wieder neue Akzente setzt und das Publikum überrascht.

Um was geht es?

Bill Baker, ein arbeitsloser ehemaliger Ölarbeiter und Witwer aus dem US-Kaff Stillwater, hat seiner Tochter Allison ein Studium in Marseille ermöglicht. Dort sitzt sie nun seit Jahren wegen eines Mordes an ihrer Geliebten im Gefängnis.
Allison stritt die Tat immer ab. Neue Indizien sprechen zwar für ihre Unschuld, aber die Anwältin möchte den Fall nicht neu aufrollen. Bill versucht daher, auf eigene Faust zu recherchieren. Doch er kann kein Wort Französisch.
Zufällig macht er die Bekanntschaft mit der alleinerziehenden Mutter Virginie und freundet sich mit ihr und ihrer Tochter an. Seine Besessenheit, den Fall zu lösen, lässt Bill jedoch immer eigenmächtiger agieren.

Was ist das Besondere?

Geschickt umschifft Regisseur Tom McCarthy gleich mehrere Klischees: "Stillwater" ist weder ein Justizdrama noch ein Film über einen Vater, der wegen eines Justizirrtums rot sieht. Auch die Freundschaft zwischen Bill und Virginie ist zunächst einmal platonisch. Es ist auch kein Feelgood-Movie über eine problematische Vater-Tochter-Beziehung, bei der am Ende alles wieder gut wird.
Auch das schwierige amerikanisch-französische Verhältnis wird komplex und erfrischend anders erzählt. Eine Rolle spielt dabei auch, dass Bill aus einem proletarischen Milieu stammt, während Virginie und ihr Freundeskreis französische Intellektuelle sind.

Fazit

Ein gelungener Film des "Spotlight"-Regisseurs Tom McCarthy, der nicht nur von einer verkorksten Vater-Tochter-Beziehung erzählt, sondern auch von einem ganz einfachen, rechtschaffenen und religiösen US-Amerikaner, der in Frankreich gleich mehrfach fremd ist.

Die US-Journalistin Amanda Knox kritisierte den Film: Er verarbeite angeblich ungefragt ihren Justizskandal um einen Mordfall. Unser Filmredakteur Patrick Wellinski hält dagegen: "Die Welt ist Material für Kunstwerke." [AUDIO]

Nur bei Virginies Tochter Maya taut er wirklich auf. Die Szenen zwischen den beiden gehören zu den besten des Films. So gelingt es dem Filmemacher immer wieder, neue Akzente zu setzen, mit Genres zu spielen und den Zuschauer zu überraschen.
Matt Damon in der Hauptrolle und Camille Cottin als Virginie spielen ihre Figuren überzeugend und eindringlich. Sie sorgen mit dafür, dass man als Zuschauer gepackt wird und emotional immer dabei bleibt.

"Stillwater"
USA/F 2021, FSK: 12, 140 Minuten
Regie: Tom McCarthy
Mit: Matt Damon, Camille Cottin, Abigail Breslin

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