Neneh Cherry: "The Versions"
Neneh Cherry bei der Verleihung der NME Awards mit ihrer Tochter Mabel, die ihrer Mutter einen Icon Award verleihen durfte. Nun veröffentlichte die Ikone ein LP mit neuen Versionen ihrer Songs von jüngeren Musikerinnen. © picture alliance / Photoshot / Cat Morley / Avalon
Pop, Rap und Feminismus revisited
06:31 Minuten

Mit Songs wie "Buffalo Stance" und "Manchild" wurde Neneh Cherry Ende der 80er weltberühmt. Jetzt interpretieren Künstlerinnen einer neuen Generation ihre Songs neu.
Neneh Cherry ist nicht besonders nostalgisch, wenn es um ihre eigene Musik geht. Trotzdem empfindet sie die neuen Versionen ihrer alten Songs als Geschenk.
Es ist ein musikalischer Dialog, in den sich die 58-jährige Musikerin mit einer jüngeren Generation von Musikerinnen begibt. Neneh Cherry hat neun Künstlerinnen freie Hand gelassen, Songs – vor allem von ihrem Debütalbum „Raw like Sushi“ – zu überarbeiten.
Ein Song wird wiedergeboren
Mit dabei ist natürlich der Überhit "Buffalo Stance". Die Energie, die Frische, die Frech- und Unverfrorenheit einer selbstbewussten jungen Frau, die sich nichts von Männern erzählen lässt, machten „Buffalo Stance“ 1988 zu einem Ereignis.
Rap, Pop und Feminismus kombinierte Cherry als eine der ersten miteinander. Sie und ihre Buffalo Gang aus Models, Musikerinnen und Musikern, Fotografen und Stylistinnen und Stylisten zeigten Haltung und waren frei und furchtlos. Die schwedische Elektro-Popperin Robyn hat bei ihrer Version, die Geschwindigkeit etwas gedrosselt.
"Dieser Song ist, was er ist. Dass Robyn ihn verlangsamt hat, erlaubt dem Lied wiedergeboren zu werden. Beide Versionen konkurrieren so nicht miteinander", sagt die inzwischen 58 Jahre alte Neneh Cherry. "Anstatt sich zu 'Buffalo Stance' wild bewegen zu wollen, geht man hier eher in die Tiefe, hört sich den Text genauer an. Darin steckt eine Raffinesse, die ich richtig cool finde."
Der Song „Manchild“, auf der neuen Platte in der Version der australischen Musikerin Sia, fügt dem Original von Neneh Cherry dagegen wenig hinzu. Große Überraschungen gibt es auf „The Versions“ insgesamt nicht – möglicherweise, weil die Musikerinnen sich den Originalen mit zu viel Ehrfurcht genähert haben.
Die Coversongs deuten das Original neu
Eine interessante Doppelbödigkeit hat allerdings die Neubearbeitung von Neneh Cherrys Song „Woman“ durch die trans Musikerin Anohni.
Neneh Cherry hatte diesen Song 1996 als Reaktion auf James Browns Lied „It’s A Man’s Man’s Man’s World“ geschrieben, in dem eine Welt beschrieben wird, in der Frauen doch eher nur hübsches Beiwerk sind.
Wenn man hört, wie Anohni sich „Woman“ nun aneignet, hört man auch die Hindernisse heraus, die trans Menschen täglich begegnen.
Musik für einen Chai Latte
Ansonsten sind die Neubearbeitungen auf „The Versions“ geprägt von zurückgelehntem, leicht von Jazz angehauchtem, geschmeidigem R'n'B, den man entspannt bei einem Chai Latte genießen könnte.
Auch wenn nicht alle Songs überzeugen, die Idee hinter der Platte ist toll: Cherry schlägt eine Brücke zwischen Pop und Feminismus zu einer jüngeren Generation von Musikerinnen.
Dass nicht alle Songs auf „The Versions“ bestehen, liegt vielleicht auch daran, dass Neneh Cherrys Original-Versionen von 1989 einfach zu stark sind und auch 33 Jahre später nichts an Aktualität und Ausdruck eingebüßt haben.