Plädoyer zum Klimaschutz

Nachhaltigkeit muss wieder Spaß machen!

04:06 Minuten
Arbeiter mit Solarpanel vor sonniger Landschaft auf einem Dach
Nicht meckern, lieber ein paar Solarpanels anbringen! © picture alliance / imageBROKER / Manuel Kamuf
Ein Kommentar von Tristan Horx |
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Erneuerbare Energien könnten dazu führen, dass Strom grenzenlos zur Verfügung steht. Wenn Klimaschutz wieder erfolgreich werden soll, dann müssen wir positive Visionen in den Vordergrund rücken. Sonst gewinnen am Ende die Ölkonzerne.
Was wurde bloß aus der netten, fortschrittlichen Nachhaltigkeit? Die Fridays-for-Future-Proteste waren doch ganz nett. Aber dann radikalisierten sich einige und es folgten die lästigen Klimakleber. Spätestens diese Aktivisten waren der vorläufige Todesstoß der Nachhaltigkeit. Der Begriff scheint tot zu sein - politisch sowie wirtschaftlich, vom Klang her wie vom Inhalt. Assoziiert wird er mit Verzicht, Anstrengung, Reduktion - und es gibt doch im Moment viel größere Probleme.
Wenn die Kohle knapp wird, ist das Klima nebensächlich. Auch wenn die Extremwetterereignisse immer dramatischer werden, Krieg und Existenzsorgen gewinnen in der Aufmerksamkeitsökonomie. Wenn jeden Tag in einem Teil der Welt Bomben fallen, ist es uns egal, ob die Panzer elektrisch fahren. Die Lage ist ernst, dabei gibt es auch gute Nachrichten, die aber nicht mehr zu uns durchdringen.

Solarenergie boomt - und wird ignoriert

In Energiefragen sieht es sogar relativ gut aus. Solar, Wind, Energiespeicherung und ja sogar E-Mobilität verzeichnen derzeit einen richtigen Steigflug: Wir haben vergangenes Jahr in Europa zum ersten Mal mehr regenerative Energie produziert als fossile. Ein unglaublicher Meilenstein, nur spricht keiner darüber. Es scheint einfacher und befriedigender, sich über die Bahn zu echauffieren oder sich der abrufbaren Empörung im Netz zu widmen. Negativität verkauft sich eben gut und zieht vor allem weitaus mehr Aufmerksamkeit auf sich.
Wenn wir aber eine positive ökologische Zukunft zeichnen wollen, brauchen wir ein anderes Framing als nur das Vermeiden der Klimakatastrophe, der Apokalypse. Ein Kompromissvorschlag: nachhaltiger Hedonismus. Eine Idee des Genusses, der uns nicht schadet, sondern voranbringt.

Strom ohne Ende!

Wir werden in den nächsten 15 Jahren an einen Punkt kommen, an dem solare und andere erneuerbare Energie üppig wird, und wir nicht mehr wissen, wohin damit. Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft wäre der Fachterminus. Im praktischen Gebrauch bedeutet das, man zahlt - wie beim Internettarif - eine Flatrate, und kann so viel Strom verbrauchen, wie man will. Was für den Verbraucher ganz nett klingt, ist ein fundamentaler Wandel in unserem ökonomischen Denken.
Wir verabschieden uns von dem Nullsummenspiel, an das wir uns gewöhnt haben. Das funktioniert wie folgt: Bis jetzt waren wir als Zivilisation an eine fixe Menge an Dinosaurier-Saft als Energiequelle gebunden. Wenn der aufgebraucht ist, war es das. Eine globale Wirtschaft, basierend auf Knappheit. Davon werden wir uns in der Zukunft durch erneuerbare Energien befreien können - unglaublich, aber wahr.

Es braucht Aufbruch statt Fatalismus

Ich höre jetzt schon die Doomsayer, die überzeugt sind, dass wir das niemals schaffen. Bevor es so weit kommen könnte, hat uns die Klimakatastrophe schon platt gemacht. Ich wäre mit solch fatalistischen Prognosen vorsichtig. Wir sind eine adaptive und schwer zu tötende Spezies - die intelligenten Kakerlaken des Planeten, wenn man so will. Ich selber habe schon drei Jahrhundertfluten persönlich erlebt. Jede war schlimmer als die Vorherige. Und dennoch starben jedes Mal weniger Menschen. Durch bessere Wettersysteme, Auffangbecken und gute alte Sandsäcke wurden wir resilienter.
Wir stellen uns dem Wandel also mit Technologie, alt sowie neu. So wie wir es als Spezies immer gemacht haben. Der Einsatz dieser Technik muss angesichts der Klimakrise mit nachhaltigen Mitteln geschehen, sonst beißt sich die Schlange selbst in den Schwanz. Es geht auch darum, die Nachhaltigkeit aus der Verzichtsmottenkisten neu zu interpretieren, sodass wir wieder Lust auf die Zukunft bekommen. Wie wäre es also mit Öko-Dynamik? Oder Cool-Energy. Oder erleuchtete Elektrifizierung? Machen sie mit! Sonst entscheiden die Ölkonzerne für uns.
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