Nach dem Putschversuch in der Türkei

"Kritik wird gleichgesetzt mit Agenten für den Terror"

Tanzende Derwische
Weder Shakespeare noch Goethe will die türkische Regierung sehen. Auf nationalen Bühnen soll auch nur Nationales gespielt werden. © dpa/ picture-alliance/ epa/ Kerim Okten
Erden Kosova im Gespräch mit Timo Grampes · 07.09.2016
Knapp zwei Monate nach dem Putschversuch in der Türkei müssen auch Künstler Repressionen des Staates fürchten. Anzeichen dafür sind die Absagen der Sinop-Biennale und der Kunstmesse Art International. Kunstkritiker Erden Kosova bestätigt Zensur des Staates, aber auch eine vorbeugende Selbstzensur der Szene.
Kritische Stimmen haben zwei Monate nach dem Putschversuch auch in der türkischen Kunst- und Kulturszene keinen Platz. Das bestätigt Kunstkritiker Erden Kosova im Interview bei Deutschlandradio Kultur. Die Linie der Regierung sei eindeutig: "Jede Form der Kritik wird gleichgesetzt mit Agenten für den Terror, Unterstützer für den Terror oder gleich Unterstützer von Terroristen."
In der Theaterszene sei der Eingriff des Staates offensichtlich - nicht erst seit dem Putschversuch. Die Theater würden vom Staat finanziert, die offizielle Regierungslinie sei, nur noch Stücke türkischer Autoren auf die Bühne zu bringen. "Das ist absolut skandalös", sagt Erden.

Türkische Kunstszene zensiert sich selbst

Kulturinstitutionen in der Provinz stünden generell auf verlorenem Posten. "Da findet überhaupt keine Form von Kritik an der Regierungspolitik statt." Ein großes Problem sei aber auch die Selbstzensur unter Kulturschaffenden in Großstädten. So sei zum Beispiel schon im vergangenen Jahr kurzfristig eine große Ausstellung abgesagt worden, "weil es dort ein Ausstellungsstück gab, das die Befindlichkeiten der Türken hätte verletzen können".
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