Mit Sport gegen Post-Covid

Fitmachen für die Reha-Welle

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Eine Trainerin leitet im Freien eine Sportgruppe älterer Damen an.
Mit Ausdauer und Flexibilität zurück zur Gesundheit - auch nach einer Covid-Erkrankung kann dies wichtig werden. © imago/photothek.net/Ute Grabowsky
Von Peter Kolakowski · 28.03.2021
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Nach der Corona-Infektion ist vor der Reha: Rund drei Viertel aller Covid-Genesenen könnten nach ihrer Erkrankung körperlich beeinträchtigt sein. Der Deutsche Behindertensportverband wappnet sich bereits mit Programmen und Schulungen.
"Was wir wissen, ist: Genesen ist nicht wirklich genesen. Das heißt, die Patienten sind erst mal nach zwei bis drei Wochen von ihren primären Symptomen frei. Danach kommt aber häufig die zweite Phase und die kann sehr lange dauern. Das ist für den Rehasport natürlich eine richtig große Herausforderung. Denn man wird in Zukunft vermehrt Patienten, Sportler im Rehasport haben."
Atemnot, Gelenkschmerzen, Muskelschwäche, Herz- und Kreislaufbeschwerden bis hin zu neurologischen Problemen wie Wortfindungs- und Gedächtnisstörungen. Weil es sich bei einer Covid-19-Infektion um eine Multiorganerkrankung handelt, die den ganzen Körper betrifft, sind auch die Folgesymptome nach überstandener Krankheit vielfältig, erklärt Professor Wilhelm Bloch, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln.

Drei Viertel der Genesenen könnten betroffen sein

Zwar gelten in Deutschland rund 90 Prozent der Covid-19-Patienten als genesen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass auch nach Abklingen der Akutbeschwerden einer Corona-Infektion die Funktion verschiedener Organe weiterhin beeinträchtigt sein kann und es zu sogenannten Post-Covid-Symptomen kommt.
Diese können sich, falls nicht mit den passenden Sport- und Bewegungsprogrammen gegengesteuert wird, zu Krankheiten entwickeln, so Benedikt Ewald, Direktor Sportentwicklung beim Deutschen Behindertensportverband DBS:
"Es wird angenommen, dass etwa drei Viertel der Covid-Genesenen von Covid-Langzeiteinschränkungen betroffen sein werden. Wenn Sie überlegen, dass wir bisher von 2,5 Millionen Menschen sprechen, die von Covid betroffen und genesen sind, dann können Sie sich ungefähr vorstellen, welche Rolle das spielen wird."

Mit Sport gegen Depressionen

Der Deutsche Behindertesportverband (DBS) will daher den Betroffenen künftig ein Sportangebot machen. Denn der DBS ist auch bundesweit zuständig für die Zertifizierung von sogenannten Rehasportkursen und für die Fortbildung von Übungsleitern und Trainern.
Der DBS verfolgt dabei mit seinem Angebot einen ganzheitlichen Ansatz bei der Rehasport-Therapie. Verbesserung von Ausdauer, Kraft, Koordination und Flexibilität, gehören ebenso dazu wie die Verbesserung der Körperwahrnehmung und der Entspannung. Darüber hinaus soll in den Kursen auch Gemütszuständen wie Depressionen und Ängsten entgegengewirkt werden, erklärt Benedikt Ewald:
"Bei den Covid-Erkrankungen stellen wir eine hohe Verunsicherung fest, da sie so neu sind. Wir haben auch einen großen Hang zu mentalen Einschränkungen bis hin zu Depressionen. Unserer Auffassung nach kann das Gruppenangebot, wofür der Rehasport steht, und der Selbsthilfecharakter, der hier im Vordergrund steht, gerade an dieser Stelle eine ganz wichtige Rolle spielen."

Die ersten Schulungen haben begonnen

Vereine, Übungsleiter und Trainer werden derzeit auf die neuen Patienten mit ihren Krankheitsbildern vorbereitet. Das entsprechende Schulungsmaterial hat der Verband soeben fertiggestellt. Online-Fortbildungen für Reha-Übungsleiter haben gerade begonnen.
"Wir haben gerade die erste Fortbildung zum Thema Long-Covid und Rehasport gemacht. Da werden vor allem medizinische Themen behandelt. Ausgewiesene Experten zeigen auf, welche Auswirkungen Post-Covid-Symptome haben und welche Möglichkeiten und Chancen der Rehasport hier bietet."

Symptome nicht wegschieben

Auch mit dabei als Referent ist Professor Wilhelm Bloch: "Wichtig ist dabei, dass man die Patienten genau beobachtet und Symptome nicht einfach wegschiebt. Das ist etwas, was wir am Anfang auch gemacht haben. Wir haben hingeschaut und dann vieles einfach negiert, was die Patienten berichtet haben, und gesagt: 'Das geht schon alles wieder weg.' Nein, das sollte man nicht machen.
Das muss man im Rehasport auch beachten und dann mit den Patienten spezifisches Atemtraining machen, auch gerade jetzt, wenn es die Lungenprobleme sind. Bei neurologischen Ausfällen, die periphär sind, kann man im Prinzip auch sensomotorisches Training machen. Oder kognitive Schulung, Hirnleistungsfähigkeitsschulung zusammen mit einem Trainingsangebot – da gibt es sehr viele Angebote, die wir jetzt einfach zusammenbringen müssen."
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