Mirko Bonné: "Lichter als der Tag"

Späte Liebe

Cover von "Lichter als der Tag" von Mirko Bonné
Cover von "Lichter als der Tag" von Mirko Bonné © Schöffling Verlag / picture alliance / dpa
Von Manuela Reichart · 26.07.2017
Der Roman "Lichter als der Tag" beginnt am Hamburger Hauptbahnhof. Ein unglücklicher Journalist denkt über sein verpfuschtes Leben nach. Mirko Bonnés Sehnsuchtsgeschichte erzählt davon, dass die Liebe kommt, wenn man nicht mehr damit rechnet.
In seinem neuen Roman "Lichter als der Tag" erzählt Mirko Bonné von einer Kinderfreundschaft, die bis ins erwachsene Leben reicht. Zwei Jungen und zwei Mädchen wachsen gemeinsam auf, verlieben sich ineinander, heiraten überkreuz und überraschend jeweils den Falschen, bekommen Kinder und bleiben einander lange verbunden. Die Frauen sind stark, die Männer schwach, die Gefühle andauernd, Betrug und Lügen trotzdem an der Tagesordnung. Irgendwann kommt es zum Krach, zur Aufdeckung des Schwindels, zur unüberwindlichen Trennung.

Die Frage nach dem richtigen Leben

Die Geschichte beginnt im Hamburger Hauptbahnhof, unter dessen Stahl-und-Glas-Dach es manchmal einen besonderen Lichteinfall gibt: "vielleicht an acht oder zehn Tagen im Monat, dann aber so, als hätte es sich des notorischen Schmuddelwetters wegen in die Halle zurückgezogen und würde dort nun aufbewahrt werden. Es schien zu warten, nicht bloß auf Reisende, die aus dem Zug stiegen und verblüfft waren von der Helligkeit, der Herrlichkeit, mit der die Hansestadt sie willkommen hieß": Hier denkt der Protagonist, ein unglücklicher Journalist, über sein verpfuschtes Leben nach, als er plötzlich die immer noch geliebte Jugendfreundin sieht.
Der Titel dieser Vierecksgeschichte ist einer Gedichtzeile des Barockdichters Andreas Gryphius entlehnt: "Nacht, lichter als der Tag". Es geht dem Autor um nicht weniger als die Frage nach dem richtigen Leben im falschen, darum, was Freundschaft bedeutet und aushalten muss, und ob ein Mann im fortgeschrittenen Alter noch einmal umkehren, sein Leben ändern kann. Ob inmitten der gewöhnlichen Trübnis eingefahrener Verhältnisse ein leuchtendes Licht alles verändern kann. Mirko Bonné erzählt eine verzweigte Sehnsuchtsgeschichte, verbindet Motive und legt Fährten, lässt sein Quartett scheitern und am Ende märchenhaft wenigstens zwei glücklich werden.

Wüsten-Märchen "Die Widerspenstigkeit"

Dass und wie Wirklichkeit und Märchen ineinanderfließen, dass man die Hoffnung nicht aufgeben soll und die Liebe einem dann zustoßen kann, wenn man nicht mehr mit ihr rechnet, davon erzählt auch Bonnés Wüsten-Märchen "Die Widerspenstigkeit". Auf den Spuren von Saint-Exupéry und seiner berühmten Geschichte vom kleinen Prinzen begegnen wir in diesem besonders schön gestalteten Buch auch einem einsamen Mann, der am Ende eine Liebe findet. Nicht geringen Anteil hat darin ein Wüstenfuchs, der sprechen kann und ein Nachfahre jenes Tieres ist, das im kleinen Prinzen gezähmt werden will.
Alles ist möglich – in der Freundschaft und in der Liebe. Das ist das optimistische Motto dieser beiden Bücher, die auf eindrucksvolle, höchst unterschiedliche Weise vor allem von der Vergangenheit erzählen, die die Gegenwart bestimmt.
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