"Man kann seinen Hund lieben, ohne auch seine Flöhe zu lieben"

Der neue CDU-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, Andreas Krautscheid, erteilt den Grünen für eine mögliche Koalition nach der NRW-Wahl eine Absage. Er setze auf eine weitere Zusammenarbeit zwischen FDP und CDU.
Jörg Degenhardt: Wenn sich in diesen Tagen und in den nächsten Wochen immer mehr Blicke nach Düsseldorf richten, dann liegt das weniger an der "Fortuna", die durchaus noch Chancen hat, in die Erste Fußballbundesliga aufzusteigen. Mehr noch interessiert, ob im bevölkerungsreichsten Bundesland auch in Zukunft CDU und FDP die Klasse halten, ob sie weiterregieren dürfen. Der Bundeskanzlerin ist das so wichtig, dass sie am Wochenende in Münster ihren Parteifreund Rüttgers noch einmal höchst selbst und kräftig den Rücken gestärkt hat. Es geht ja auch um die Mehrheiten im Bundesrat. Keine Frage: der Ministerpräsident hat nach den Schlagzeilen um die Sponsoren-Affäre, dem Rücktritt des Generalsekretärs und schlechten Umfragewerten ein bisschen Beistand nötig. Das wird sicher auch der neue Generalsekretär der NRW-CDU, Andreas Krautscheid, nicht bestreiten. Guten Morgen, Herr Krautscheid! – Müssen Sie in Düsseldorf derzeit aber vor allem ausbaden, was die Berliner angerichtet haben, also die schwarz-gelbe Bundesregierung?

Andreas Krautscheid: Na wir wissen zumindest aus den nordrhein-westfälischen Umfragen, dass die Stimmung in Berlin nicht ganz ohne Einfluss ist, und insofern war zum einen es ein gutes Signal, dass die Bundeskanzlerin beim Parteitag eine enge Zusammenarbeit zugesichert hat, und zum Zweiten haben wir das Gefühl, dass auch die Koalition in Berlin beginnt, sich sehr konzentriert an die Arbeit zu machen. Davon gibt es nämlich genug.

Degenhardt: Der Bundespräsident Horst Köhler zeigt sich ja besorgt über den Ansehensverlust der Koalition in Berlin bereits nach wenigen Monaten. Sie haben gestern, ich habe es gesagt, von der Kanzlerin zwar Unterstützung bekommen, aber haben Sie auch einen Ratschlag für die da in Berlin gehabt?

Krautscheid: Ratschläge sind manchmal Schläge und deswegen verkneifen wir sie uns. Wir haben einfach die Erwartung – und das teilen wir natürlich mit vielen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern -, dass die schwierigen Aufgaben, die – wir sind mitten in der Krise – nach wie vor zu lösen sind, angepackt werden, dass insbesondere die öffentliche Rauferei, sei es nun aus Berlin oder aus München, eingestellt wird zu Gunsten einer sachorientierten und konzentrierten Politik. Ich habe das Gefühl aus den letzten zwei, drei Tagen, dass sich da was bewegt. Die Einsicht ist da in Berlin und deswegen ist es jetzt wichtig, dass die ganz konkreten Themen, die den Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägel brennen, auch angepackt werden.

Degenhardt: Der Kanzlerin zufolge geht es am 9. Mai bei Ihnen in Nordrhein-Westfalen um den Auf- oder Abstieg Deutschlands. Das sind ja für wahr große Worte. Wie wollen Sie denn den Wähler gewinnen, dem Wähler klar machen, dass er das genauso sieht bei Ihnen?

Krautscheid: Ich glaube, das wird den Leuten zunehmend klar, dass Nordrhein-Westfalen vor einer Richtungsentscheidung steht. Die Bedeutung der Wahl ist klar, und zwar nicht nur was die bundespolitische Relevanz angeht – Stichwort Bundesratsmehrheit -, sondern ich meine, es geht um das wirtschaftliche Zentrum Deutschlands und da deutet sich eben sehr klar an im Moment durch die einzelnen Aussagen, dass es um die Frage geht, ob es weiter Schwarz-Gelb sein soll - wir sind der Auffassung, dass Nordrhein-Westfalen bisher gut durch diese Krise gekommen ist, gut geführt wird -, oder ob es eben ein Linksbündnis wird aus Rot-Rot-Grün. Also das deutet sich immer klarer an, das sind die Alternativen.

Degenhardt: Ihr Ministerpräsident Herr Rüttgers sagt, die CDU mache Politik für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Mit Verlaub, das klingt nach nicht weh tun wollen, aber nicht unbedingt nach einer klaren Linie.

Krautscheid: Nein, er hat das in einer Redepassage gesagt, wo er sich auch mit unserem Verhältnis zur FDP auseinandergesetzt hat, und deswegen ist es schon schwierig, in Zeiten, in denen die Individualisierung der Gesellschaft immer weiter zunimmt, in denen der Einzelne immer größere Ansprüche an den Staat richtet, zu sagen, nein, wir wollen den Konsens zwischen den Gruppen versuchen, mit zu befördern. Das ist eine klare Abgrenzung von Parteien, die sich nur an bestimmte kleine Gruppen richten.

Degenhardt: Das klingt jetzt aber nicht unbedingt nach einer Liebeserklärung an die FDP?

Krautscheid: Es geht nicht ums Heiraten, sondern es geht um die Frage, wer vernünftige Lösungen zu Stande bringt. Wir haben das – das war fast schon so gut, dass es nicht aufgefallen ist – in den letzten fünf Jahren zusammen mit der FDP hinbekommen. Das Verhältnis hier in Nordrhein-Westfalen zwischen CDU und FDP ist ein außerordentlich kollegiales und ein sachliches gewesen. Und deswegen ist das für uns absolut naheliegend zu sagen, wir wollen diese Koalition weiterführen. Aber Sie kennen den alten Satz: Man kann seinen Hund lieben, ohne auch seine Flöhe zu lieben. Also wir glauben, dass wir mit der FDP das Beste gemeinsame Arbeitsprogramm in Zukunft auf die Beine stellen, aber in Wahlkampfzeiten muss man sich auch von potenziellen Partnern deutlich unterscheiden.

Degenhardt: Und zur Not machen Sie es dann auch mit den Grünen?

Krautscheid: Das ist nicht unser Ziel. Wir glauben, dass nach wie vor eine stabile Mehrheit mit der FDP möglich sein wird nach der Wahl, und es wäre für Nordrhein-Westfalen gut, wenn es so weiterginge.

Degenhardt: Herr Krautscheid, ich muss Sie das noch fragen. Der "Spiegel" kommt heute mit neuen Meldungen, die Sie wahrscheinlich schon kennen, wonach Fotos mit Regierungsmitgliedern im Vorfeld von Parteitagen zum Kauf angeboten wurden. Also das ganze Thema Sponsoring ist dann Ihrerseits wohl doch noch nicht aufgearbeitet?

Krautscheid: Doch. Ich habe über dieses Thema vor vier Wochen zum ersten Mal berichtet im Parlamentarischen Ausschuss. Wenn man den "Spiegel"-Artikel zu Ende liest, dann sieht man, dass es eine alte Kamelle ist, die auch öffentlich längst diskutiert worden ist in Nordrhein-Westfalen. Es ist der Versuch, das Thema noch ein bisschen zu verlängern. Diese Fotos über Leute, die an den Ständen unserer Aussteller rundgegangen sind, sind nie bezahlt worden, das steht ausdrücklich in den Verträgen drin, dafür musste man nichts bezahlen und das steht dann irgendwo am Ende des "Spiegel"-Artikels auch drin. Also die Sensation pünktlich zum Parteitag hat nicht gezündet. Und dieses Thema hat uns beschäftigt, ja, zurecht. Die Mängel, die Fehler, die da gemacht worden sind, sind behoben. Wir sind aber dankbar, dass wir jetzt in den letzten Tagen verstärkt wieder über Politik mit unserem politischen Gegner diskutieren und nicht über solche Themen.

Degenhardt: Andreas Krautscheid, der neue Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen, die bei der Landtagswahl am 9. Mai ein böses Erwachen erleben könnte, das aber noch verhindern will. Vielen Dank für das Gespräch.

Krautscheid: Gerne.
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