Maja Einstein

Einsteins gute Seele

Albert Einstein
War seiner Schwester eng verbunden: Nobelpreisträger Albert Einstein (1879 - 1955) © imago/United Archives
Von Peter Kaiser · 24.06.2016
Sie hielt ihm den Rücken frei, sorgte und umsorgte ihren berühmten Bruder: Maria, "Maja", Einstein blieb stets im Schatten des Physik-Genies. Doch auch sie war eine hochtalentierte Frau.
"So, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie sehr herzlich im Namen des Einstein-Forums Potsdam und der Hebräischen Universität in Jerusalem, der das Haus gehört."
"Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle",
schreibt Albert Einstein 1930 in seinem "Glaubensbekenntnis" in seinem Sommerhaus in Caputh. Dort, südwestlich von Berlin, mitten in der Seelandschaft Capuths, verbringt der Wissenschaftler viel Zeit. Und er ist dabei nicht allein, sagt der Führer durch das Sommerhaus Einsteins in Caputh.
"Sie war seine Managerin, wobei Managerin zu viel gesagt ist, aber die gute Seele an seiner Seite."
Die "gute Seele", die "Sonne", die "stille Frau" – diese Bezeichnungen gelten der jüngsten Schwester Einsteins, Maria, genannt Maja. Maja Einstein wird am 18. November 1881 in München geboren.
"Sie wird als warmherzige, kluge, lebenslustige Frau beschrieben. Sie hat ja zu Beginn von Einsteins Leben eine Rolle gespielt, und zum Ende hin."
Die ersten Lebensjahre aufgewachsen in München, ist Maja 1899 im schweizerischen Kanton Aarau Schülerin im Lehrerinnenseminar. Albert geht in Aarau zur Kantonsschule. Ein Medaillon zeigt die junge Frau mit einem wirren Krauskopf, die Lippen sinnlich, der Blick klar, freundlich und offen. 1905 erwirbt Maja das Lehrerinnenpatent, im gleichen Jahr veröffentlicht ihr Bruder seine "Spezielle Relativitätstheorie", ein Paukenschlag in der bisherigen Forscherwelt. Doch Maja ist die Physik fremd. Sie studiert Romanistik in Berlin, Bern und Paris und promoviert mit einer…
"… Feststellung des Handschriftenverhältnisses des Chevalier au Cygne und der Enfances Godefroy."
Und immer hält sie Kontakt zu ihrem berühmt werdenden Bruder.
"Einstein hat das mal als mystisches Band zu seiner Schwester bezeichnet, was man auch von anderen Geschwistern kennt. Man verliert sich nicht aus den Augen, selbst wenn man sich mal zwei Jahre nicht sieht. Sie blieb Einstein aber auch immer familiär auf einer zweiten Ebene verbunden, denn Maja hat auf alle Fälle einen Freund Einsteins geheiratet."

Ihre Ehe kostet sie den Job

Nämlich den Juristen und Maler Paul Winteler aus Aarau. Die Ehe kostet sie – wegen des Lehrerinnenzölibats – die Arbeitserlaubnis. Maja und Paul steigen aus dem bürgerlichen Leben aus und schaffen sich in Colonnata, einem kleinen Ort bei Florenz, ein ländliches Paradies. Dort bewirtschaftet das kinderlos bleibende Ehepaar einen Gutsbetrieb, der aber nicht genug abwirft, finanzielle Probleme stellen sich ein. Im fernen Berlin kehrt der inzwischen mit dem Physik-Nobelpreis geehrte Bruder Berlin den Rücken und zieht um 1929 in das Sommerholzhaus nach Caputh. Maja ist oft dort.
Caputh ist Alberts Paradies Nummer Eins. Er segelt mit dem "Tümmler", dem 20er-Jollenkreuzer, und lacht mit Maja über die Verrücktheiten seines Ruhmes.
"Das Missverhältnis zwischen dem, was man ist, und dem, was die anderen von einem glauben oder wenigstens sagen, ist gar zu groß."
Sechs Jahre nachdem Albert in die USA emigriert ist, folgt ihm Maja 1939 nach Princeton, dem Paradies Nummer Zwei. Ihrem Mann Paul Winteler wird wegen gesundheitlicher Probleme die Einreise verweigert, er bleibt bei Verwandten in Genf. Maja will nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder nach Europa und zu ihrem Mann, doch das Schicksal behält sie an der Seite ihres Bruders.
"Das war der Inhalt der letzten Jahre. Es war ja auch nicht langweilig mit Einstein zusammen zu leben. Der hatte Freunde, der hatte Gäste, es war nicht viel los in seinem Haus, aber in seinem Umfeld war viel los."

Jeden Abend liest Einstein seiner kranken Schwester vor

1946 wird Maja nach einem Schlaganfall bettlägerig. Albert schreibt am 1. Juni 1946 in einem Brief an Margerita Konenkowa nach Moskau:
"Meine Schwester ist sehr krank. Sie hatte eine Attacke, die von den Ärzten als ein leichter Schlaganfall bezeichnet wurde. Sie erholt sich zwar, aber eine wirkliche Gesundung gibt es nicht bei diesem Leiden, das mit dem Altersprozess zu tun hat."
Am 25. Juni 1951 stirbt Maja Einstein an einer Lungenentzündung. Ihr Mann, den sie nie wieder gesehen hat, stirbt zeitgleich fast ein Jahr später, am 15. Juni 1952. Die Notiz Alberts zum Tod seiner Schwester wirft ein Schlaglicht auf die Innigkeit, die die Geschwister miteinander zeitlebens verband.
"In den letzten Jahren habe ich ihr jeden Abend aus den feinsten Büchern der alten und neuen Literatur vorgelesen."
Und wenn es für wenige Momente still während der Führungen im Caputher Sommerhaus ist und man den Blick über den See hat, dann ist es denkbar, das Albert und Maja im fernen und sicheren Amerika über das Sommerhaus hier sprachen, dem Paradies in Caputh.
Mehr zum Thema