Fulton/Sala: „Sie schuf ein Monster. Wie Mary Shelley Frankenstein erfand"

Wie ein Blitz am Nachthimmel

06:34 Minuten
Das Cover zeigt eine naiv anmutende Zeichnung von Mary Shelley, die per Hand an einem Text schreibt. Im Hintergrund ist über ihr der schattenhafte Umriss von Frankensteins Monster zu sehen.
© Hacht Verlag

Lynn Fulton, Felicita Sala

Aus dem Englischen von Katharina Naumann

Sie schuf ein Monster. Wie Mary Shelley Frankenstein erfandHacht Verlag, Hamburg 2022

40 Seiten

14,00 Euro

Von Sylvia Schwab · 10.01.2023
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Im 19. Jahrhundert wagten viele Frauen, gegen Konventionen zu leben, zu lieben und zu schreiben. Eine von ihnen war Mary Shelley. Als 20-jährige schrieb sie „Frankenstein“. Das Bilderbuch „Sie schuf ein Monster“ erzählt wie und warum.
Lynn Fulton und Felicita Sala erzählen eine vielschichtige Geschichte zum Thema Kreativität. Protagonistin ist die neunzehnjährige Mary Godwin, die im Jahr 1816 nachts in der Villa von Lord Byron am Genfer See die Vision eines monströsen Monsters hat und so zu ihrem "Frankenstein"-Roman inspiriert wird. Dieses Ereignis ist authentisch, wird hier allerdings leicht verändert erzählt.
Außerdem ist da Marys Protagonist Viktor Frankenstein, der aus Leichenteilen ein lebendiges Monster schöpft, das sein eigenes Leben ebenso verändern wird wie das seiner Erfinderin.

Geschichte ihres Lebens

Sie alle – Mary Godwin und ihr zukünftiger Mann Percy Bysshe Shelley, Lord Byron und Frankenstein – sind auf ihre Art Künstler, die in romantischer Tradition Ideen in Geschichten oder in die Realität umsetzen. Aus der 19-jährigen Mary wird in diesem Kammerspiel eine Schriftstellerin, ähnlich wie ihre Mutter es war, die berühmte Feministin Mary Wollstonecraft.

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Sehr eindrücklich und überzeugend hat Felicita Sala diese perspektivenreiche Geschichte inszeniert. Auf der ersten Doppelseite steht die weiße, vom Blitz hell erleuchtete Villa in einem geheimnisvoll-dunklen Garten hoch über dem gleißenden See. Am hellen Fenster eine schwarze Gestalt, Mary. Die Szenerie erinnert an Hitchcocks „Psycho“.

Düster, gruselige Bilder

Düster schwarz-grau-grün ist der Hintergrund der meisten Bilder – die Geschichte spielt nur in einer Nacht. Kerzenschein wirft schaurige Schatten, dunkle Porträts hängen an den Wänden, der Vollmond scheint, Fledermäuse und Eulen sind unterwegs. Umso weißer leuchten im Kontrast Marys Gesicht und Dekolleté.
Aber alle diese romantischen Motive wirken weder pathetisch noch klischeehaft, sondern ein wenig bizarr, dramatisch aufgeladen, etwas übertrieben und mit Augenzwinkern gestaltet. Auch dieser schwarze Humor ist ja typisch romantisch.

Eine Selbstermächtigung

Hier in Genf beginnt Marys Leben als Autorin von Romanen, Kurzgeschichten, Theaterstücken, Essays, Gedichten, Biografien und Reiseerzählungen. Insofern ist dieses Bilderbuch auch eine Initiationsgeschichte – und die Geschichte einer Emanzipation.
Das Buch endet mit dem doppeldeutigen Satz „Sie hatte endlich ihre Geschichte gefunden“ – nicht nur ihre Romanhandlung, sondern auch ihre Lebensbestimmung.
Auf dem Schlussbild verwandelt sich Marys Schreibfeder in eine lange, breite Papierschlange, in ein Band des Erzählens, das sich um Frankensteins Monster windet, es zugleich erschafft und bändigt.

Für die Kleinen ungeeignet

Für Sechsjährige ist dieses poetisch-literarische Bilderbuch allerdings nur bedingt geeignet. Nicht nur, weil es schwierig ist, ihnen die verschiedenen Aspekte der Geschichte nahezubringen. Einige Bilder sind einfach auch zum Fürchten! Da braucht es einen sicheren Ort, von dem sich die Kinder dem Geschehen stellen können.
Besser bewahrt man es für Ältere auf, die haben mehr davon, in jeder Hinsicht!
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