Lorenz Meyer: "Kreuzfahrt durch die Republik"
Medienkritiker und Autor Lorenz Meyer: In seinen fiktiven Begegnungen schickt er Angela Merkel zum Minigolf. © Cornelia Friedrich-Meyer
"Noch wahrer als die echte Wahrheit"
11:36 Minuten

Lorenz Meyer ist Journalist, Medienkritiker und Comedy-Autor: In seinem Buch lässt er einen Haustechniker fiktive Interviews mit bekannten Personen der Republik führen. So kann er ganz frei mit ihren Marotten spielen und über ihr Wesen spekulieren.
Lorenz Meyer hat in seinem Buch sehr offensichtlich große Freude daran, Verwechslungen und Täuschungen in Szene zu setzen: In „Kreuzfahrt durch die Republik“ lässt er einen fiktiven Haustechniker als vermeintlich ausgebildeten Journalisten in 20 Geschichten Prominente interviewen.
Dabei in den "fast wahren Geschichten" sind etwa Armin Laschet, Kevin Kühnert und Angela Merkel aus der Sphäre der Politik, Barbara Schöneberger und Dieter Bohlen aus der Unterhaltung bis hin zu Markus Lanz aus einem Bereich, der Information und Entertainment ist. Wer auftritt, hat gewiss auch damit zu tun, dass Lorenz Meyer Journalist und Medienkritiker ist, sowie Comedy-Stars zuarbeitet.
Mehrschichtige Fiktion
Sein Protagonist sei natürlich kein gewöhnlicher Haustechniker, "sondern eher ein Facility-Teammanager im Bereich Technics and Electronics – so würde man es wahrscheinlich überbläht sagen“, erklärt der Autor. „Und da sind wir im Prinzip schon beim Kern des Buches: Es geht eine Menge um Rollen, um Wahrheit, um Täuschung und um vorgetäuschte Wahrheit.“
Deshalb habe er es passend gefunden, einen nicht zum Journalisten ausgebildeten Menschen loszuschicken, der nur durch Zufall, durch eine Namensverwechslung, hereingestolpert ist. „Ich fand es so bezaubernd, einen im positiven Sinne naiven – einen sehr interessierten, absolut unvoreingenommenen – Menschen loszuschicken in diese Medienwelt, einen, der noch mit seinem unverstellten Blick auf diese Medienprominenten trifft – ohne Vorurteile jedweder Art, der sich auf jedes dieser Gespräche freut und denen in so einer positiven Erwartungshaltung entgegenfiebert.“
Parodie und Satire
In der Geschichte mit Fernsehmann Markus Lanz geht der Meyer‘sche Lanz mit dem Meyer’schen Erzähler ins Café und der ZDF-Talk-Moderator spricht sofort die Kellnerin mit den Worten an: „Das verspricht ein ganz besonderes Gespräch zu werden. Lassen Sie uns gleich einsteigen. Was macht das mit einem, diesen Moment zu erleben, in dem ein bekannter Fernsehstar das Café betritt.“
So greift Lorenz Meyer die „Marotten, Floskeln und Aphorismen und Eigenarten“ des Moderators auf: „Bestimmte Dinge tauchen halt immer wieder auf, und die habe ich natürlich versucht zu übernehmen.“
Lorenz Meyer würde seine Arbeit aber nicht als Parodieren bezeichnen: „Parodie ist ja eine Nachahmung, die zum Zwecke der Belustigung gemacht wird“, sagt Lorenz Meyer. Lustig solle sein Buch zwar auch sein: „Aber Satire ist die Kritik, die zum Zweck der Veränderung gemacht ist.“
Dabei verspreche er sich nicht, dass durch sein Buch ein gesellschaftlicher Ruck durch Deutschland gehe: „Aber der Satiriker guckt natürlich schon auf diese gesellschaftlichen Missstände", arbeitet er seine Haltung heraus. "Insofern möchte ich weniger Klamauk haben und mehr auf diese Macht der Wahrheit hin – also: Die Wahrheit so zu überzeichnen, dass sie noch wahrer wird als die echte Wahrheit.“
Angela Merkel beim Minigolf
Angela Merkel trifft Meyers Journalist auf dem Golfplatz, aber einem Minigolfplatz – anders als bei einem anderen Spitzenpolitiker: „Während Donald Trump in Mar-a-Lago in Florida sitzt und dort in Gold badet und zwischendurch Golf spielt, da habe ich überlegt, was würde unsere Kanzlerin machen, wenn sie sich zur Ruhe setzt: Die geht nach Templin und spielt Minigolf.“
Das meine er gar nicht böse, betont Lorenz Meyer: „Das, finde ich, ist eine Stärke von Angela Merkel gewesen: Diese Bescheidenheit, diese Zurückgenommenheit, eben der Eindruck, da haben wir es nicht mit einem Menschen zu tun, bei dem die Bereicherungsabsicht und persönliche Vorteile im Vordergrund stehen."
Und mit seiner Idee der Minigolf-Anlage verkörpert er diesen Zug an Merkel, völlig unbenommen, ob das in der Realität jemals so war. So lebt Meyer die Freiheit der Fiktion.
(mfu)