Investigative Recherchen im ZDF Magazin Royale

"Satire ist die freche Schwester des Journalismus"

17:08 Minuten
Jan Böhmermann steht im Studio des ZDF Magazin Royal vor seinem Orchester und macht eine ironische Grimasse mit hochgezogener Augenbraue.
Jan Böhmermann präsentiert in seiner Show regelmäßig investigative Recherchen - mit satirischem Ansatz. © picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Dennis Lichtenstein im Gespräch mit Vera Linß und Marcus Richter · 14.05.2022
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Mit den Enthüllung zu Fynn Kliemann haben der Satiriker Jan Böhmermann und sein Team wieder einmal für Aufsehen gesorgt. Regelmäßig präsentiert das ZDF Magazin Royale investigative Recherchen mit Witz. Ist Satire der neue Journalismus?
Seit über einer Woche geistert der Name Fynn Kliemann täglich durch die Medien. Verantwortlich dafür sind Jan Böhmermann und sein Team. Diese haben im Zuge ihrer Sendung "ZDF Magazin Royale” aufgedeckt, dass Kliemann offenbar in Asien hergestellte Atemschutzmasken als „Made in Europe – unter fairen Bedingungen“ verkauft hat. 
Die im Gewand einer Satire präsentierte investigative Recherche hat für Fynn Kliemann ernste Folgen: Firmen distanzieren sich, Fans sind wütend und die Polizei hat gegen den Musiker und Influencer Ermittlungen eingeleitet.

Nicht neu, aber spannend

Es ist nicht das erste Mal, dass der Satiriker Jan Böhmermann eine investigative Recherche in seiner Show präsentiert. Seine Darstellungsform unterscheidet sich allerdings von der in den klassischen, journalistischen Medien.
Dieser Ansatz ist zwar nicht neu, aber durchaus spannend, findet der Medienwissenschaftler Dennis Lichtenstein von der Zeppelin Universität Friedrichshafen: "Es ist ein Ansatz der investigativ vorgeht, manchmal auch die Illusion des investigativen Journalismus vertritt und mit Effekthascherei Informationen präsentiert, die man aus anderen Medien zum Teil auch schon kannte.”
Böhmermann arbeite in seinen Beiträgen mit der Strategie der "Skandalisierung” und wähle eine "moralisierende Form der Satire”.

Satire und Journalismus historisch verbandelt

Journalist:innen, die sich satirischer Mittel bedienen - satirische Medien, die journalistische Funktionen erfüllen: Dies lasse sich in der Geschichte des Journalismus immer wieder beobachten, erklärt Dennis Lichtenstein. Neben dem "ZDF Magazin Royale” nennt Lichtenstein etwa auch die "Heute Show” oder Extra3".

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Ihrem Selbstverständnis nach liefern Satirikerinnen und Satiriker heute "Unterhaltung mit Haltung”. Entsprechend unscharf ist die Trennlinie zwischen den Formen, eher zeigen sich Mischverhältnisse: "Die Satire ist die kleine, freche Schwester des Journalismus." Nicht zuletzt übernimmt Satire dabei auch journalistische Funktionen: Sie informiert und trägt zur Meinungsbildung bei.
Wichtig ist aber auch: "Satire ist kein Journalismus." Denn: Den satirischen Beiträgen fehle es etwa an Ausgewogenheit. 

Von Satire lernen

“Wir haben ein Mediensystem, das von Konkurrenz getrieben ist”, erklärt der Medienwissenschaftler. Auf der einen Seite gebe es von Seite der Medien eine “Angebotsexplosion” und auf der Nutzerseite “hohe Selektivität in der Mediennutzung”. In diesem Spannungsfeld schafft es die Satire, mit Unterhaltung zum Publikum durch zu dringen und es gleichzeitig zu aktivieren, zum Beispiel durch Social Media: “Satire ist absolut onlinetauglich.” 
Deshalb können unter anderem Journalisten und Journalisten auch etwas von der Satire lernen. Das Zeitalter des klassischen Nachrichtenjournalismus, “bei dem Journalisten und Journalistinnen große Welterklärer und Informanten des Publikums sind und häufig auch die einzige Quelle ”, neige sich dem Ende zu, sagt Dennis Lichtenstein.
Wichtiger als solche Leitfiguren sei den Menschen heute, mit Medienschaffenden in den Dialog zu treten. Entsprechend entstehen derzeit neue Berufsbilder im Journalismus, etwa das des “Audience-managers”. Auch die “unterhaltende, emotionale und persönliche“ Verpackung der Satire diene dabei der Publikumsbindung.
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