Linguistin Wehling über Metaphern

Wie Donald Trump das Sprachbild der "Invasion" nutzt

12:40 Minuten
Starker Gestus unerstützt die Aussagen von Donald Trump.
Mit markanten Gesten unterstützt Donald Trump seine Aussagen. © Getty Images/ Joe Raedle
Elisabeth Wehling im Gespräch mit Vera Linß · 10.08.2019
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Sprache, die den Menschen Angst macht, bleibt nicht ohne Wirkung: Das sagt Elisabeth Wehling. Die Linguistin erklärt, wie Donald Trump den militärischen Begriff der "Invasion" gezielt einsetzt – und ob er damit rassistischer Gewalt Vorschub leistet.
Kritiker haben US-Präsident Donald Trump seit längerem vorgehalten, mit seiner Rhetorik gegen Migranten und politische Gegner, den Rassismus im Land zu befeuern. Nach den Anschlägen von El Paso und Dayton mehren sich die Vorwürfe: Beim mutmaßlichen Täter in der Grenzstadt zu Mexiko - einem 21-jährigen Weißen - gehen die Ermittler von einem rassistischen Motiv aus. Er soll seine Attacke auch als Reaktion "auf die hispanische Invasion in Texas" bezeichnet haben.
Trump hatte die Eindämmung illegaler Einwanderung über die Grenze zwischen Mexiko und den USA zu einem Kernpunkt seiner Präsidentschaft gemacht – und in diesem Zusammenhang selbst öfter von einer "Invasion" gesprochen. "Das ist eine Metapher, die hat Trump schon während des Präsidentschaftswahlkampfes eingeführt", sagt Elisabeth Wehling. Die deutsche Sprachwissenschaftlerin lebt und arbeitet in den USA - erlebt das Auftreten und die Äußerungen Trumps sozusagen aus erster Hand.

"Wir sprechen von Invasion als militärischem Angriff"

Ganz konsequent und laut habe der US-Präsident dieses Bild in der Zeit der Midterm Elections, die im November 2018 stattfanden, eingesetzt: "Da hat er diese Metapher, diese Idee, dass die USA militärisch an der Grenze nach Mexiko angegriffen werden, durch Asylsuchende, durch Migranten, ganz laut gespielt. Und auch jetzt wieder: Er greift sie auf, er benutzt sie viel in seinen Statements den Medien gegenüber, weil, das ist klar: Wir sind jetzt wieder im Wahlkampf."
Der Begriff der "Invasion" komme aus dem kriegerischen Kontext, erklärt Elisabeth Wehling, deren Forschungsschwerpunkt die kognitive Linguistik ist: "Das heißt, wir sprechen von Invasion als militärischem Angriff. Als militärischem Angriff auf ein Land, das überrannt wird, das geradezu von fremden Mächten übernommen wird."
Elisabeth Wehling posiert auf der phil.cologne 2019 in Köln für ein Foto.
Den Begriff "Invasion" habe Trump bereits während des Präsidentschaftswahlkampfes eingeführt, sagt Elisabeth Wehling.© picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt
Weil die Invasion im alltäglichen Sprechen nicht immer wortwörtlich verwendet werde, lohne es sich zu untersuchen, wie Trump diesen Begriff einsetzt, sagt Elisabeth Wehling. So habe er zum Beispiel vor gar nicht langer Zeit in einem Statement gegenüber den Medien gesagt: "Wenn man illegale Immigranten wieder aus dem Land verweist, das ist geradezu wie eine Befreiung des Landes, eine Befreiung von der Invasion. Es ist wie Krieg."

Gesamtkontext einer Strategie der Verteidigung

Bei solchen Äußerungen werde natürlich relativ schnell klar, dass er an dieser Stelle die Invasion tatsächlich innerhalb eines militärischen Deutungskontextes verwende, betont Elisabeth Wehling.
Außerdem sei nicht zu übersehen, dass er im Zuge der Midterm Elections militärische Truppen an die Grenze geschickt habe, sagt die Linguistin: "Damals ging das los, die Truppen sind noch heute dort." Das habe den insgesamt den Kontext eines militärischen Miteinanders, einer Verteidigungsstrategie.

Kein direkter Kausalzusammenhang mit Tat

Der US-Präsident schüre diese Angst vor Migranten ganz bewusst, sagt Elisabeth Wehling: "Es nutzt ihm." Für die Menschen, die Amerikaner, die Trump befürworten, ihn unterstützen, die ihn wählen, sei dies ein großes Thema: "Und insofern muss man immer auch sagen, dass das, was Trump jetzt gerade sprachlich vorbereitet, das tut er immer auch mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf und die Wahlkampfduelle, die in nicht allzu ferner Zukunft auch stattfinden werden."
Nun steht aber tatsächlich auch die Frage im Raum, ob Donald Trump damit den Nährboden für Gewalttaten - wie den möglicherweise rassistischen Anschlag in El Paso - gelegt hat. Es sei auf jeden Fall so, dass Sprache, die die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, nicht ohne Wirkung bleibe, sagt Elisabeth Wehling: "Wenn ich den Kriegszustand ausrufe, sprachlich und damit gedanklich, dann ist natürlich der Effekt auf das Handeln nachzuvollziehen. Was wir nicht wissen und das lässt sich auch empirisch nicht leisten, ist, inwiefern ein bestimmter Täter direkt, kausal, durch eine bestimmte Äußerung einer bestimmten anderen Person dann dazu getrieben wird, so eine Gewalttat zu machen."
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