Hassportale im Internet

Morden als Highscore-Spiel

06:48 Minuten
Hinter weißen Holzkreuzen sieht man eine trauernde Frau mit gesenktem Blick und geschlossenen Augen.
Trauernde Frau am Tatort in El Paso: Auch dieses Attentat wurde auf Hassportalen gefeiert. © Imago / Xinhua / Wang Ying
Karolin Schwarz im Gespräch mit Gabi Wuttke · 05.08.2019
Audio herunterladen
Wie Donald Trump die US-amerikanische Gesellschaft verändert, zeigen auch Kommentare auf Online-Hassportalen. Deren Foristen sehen in den jüngsten Anschlägen von El Paso und Dayton mit über 30 Toten nur ein Spiel. Wer mehr Menschen tötet, gewinnt.
Schon vor Donald Trumps rassistischen Reden und Tweets gab es Hassportale, sogenannte Imageboards, im Internet. Nach den Angriffen in El Paso und Dayton mit vielen Toten fällt auf, dass die Postings auf den Onlineplattformen immer radikaler werden - und dort inzwischen sogar zum Mord angestachelt wird.

Radikaler Tabubruch führt zum Blutbad

Vor allem auf den politischen Unterforen dieser Portale, wie 4chan und 8chan, gäbe es Tabubrüche, sagte die Journalistin Karolin Schwarz im Deutschlandfunk Kultur. Schwarz ist Expertin für die Welt der digitalen Hassbotschaften und Fakenews.
Immer wieder werde versucht, auch Livestreams von Anschlägen dort zu verbreiten, berichtete sie. Eine neuere Entwicklung sei die "Gamification" auf diesen Plattformen:
"Sie besteht darin, dass diese Dinge dort verbreitet werden und dass ein Spiel daraus gemacht wird, Menschen zu töten. Es geht darum, dass von einem Highscore gesprochen wird, also darüber, dass viele Menschen gestorben sind und dass man dann diese Zahl übertreffen müsse. Teil dieses 'Spiels' ist, dass auch immer wieder diese Inhalte hochgeladen werden. Die User organisieren sich quasi."
Beim Blutbad im neuseeländischen Christchurch im März 2019 sei ein Livestream von den Morden millionenfach auf Plattformen hochgeladen worden. Hinzu kämen dann Aufrufe, noch mehr Menschen zu töten. Die Täter würden angefeuert - und diese wiederum forderten dazu auf, es ihnen gleich zu tun.

Menschen werden zum Morden ermutigt

"Das ist eine Mischung aus Menschen, die sehr viel Lust am Tabubruch haben, die eigentlich vor allem provozieren, die Ironie bis auf die Spitze treiben oder alles mit Ironie entschuldigen wollen", sagte Schwarz. Dazu gesellten sich dann aber auch Leute, die sich ermächtigt fühlten, Gewalt auszuüben: "Diese Leute schreiten in der Regel als Einzeltäter zur Tat, finden aber dort ihre Gemeinschaft."
(mle)
Mehr zum Thema