Larsen / Schneider: "Das Leben und ich"

In den Herzen der anderen weiterleben

Ein Engel liegt auf einem Grab auf dem Hauptfriedhof in Frankfurt am Main, aufgenommen am 17.04.2009.
Ein kleiner schlafender Engel auf einem Grab in Frankfurt © picture alliance / dpa / Wolfram Stein
Von Kim Kindermann · 24.05.2016
Was bedeutet es, wenn jemand stirbt? "Das Leben und ich" von der norwegischen Autorin Elisabeth Holland Larsen und der belgischen Illustratorin Marine Schneider macht Kindern die Unabdingbarkeit des Todes verständlich – in magisch schönen Worten und Bildern.
Der Tod schaukelt, fährt Rad oder sitzt auf einem Ast. Er ist einfach überall dabei. Doch was heißt hier eigentlich "er"? In "Das Leben und ich" ist der Tod ein reizend-komisches Mädchen: Mit wallend langem Haar, in dem Blumen stecken, mit grünblauen Augen, rosa Wangen und einem kleinen, süßen Mund. Und sie schaukelt, fährt Rad, sitzt auf einem Ast, während sie auf die wartet, die mit ihr gehen sollen: Kleine, weiche Tiere, große Tiere mit scharfen Zähnen oder Rüsseln, Menschen, die auf ein langes Leben zurückblicken und Kinder mit flaumweichen Haar - auch die, die noch nicht geboren sind. Sie alle nimmt Frau Tod in ihre sanften Arme, trägt und stützt sie auf dem letzten Weg, erzählt ihnen von Schmetterlingen, Schneeflocken und den Sternen – und von der Liebe und davon, "in den Herzen der anderen weiterzuleben".

Platz schaffen, für alles, was Wurzeln schlägt

In magisch schönen Worten und Bildern erzählen die Norwegerin Elisabeth Helland Larsen gemeinsam mit der belgischen Illustratorin Marine Schneider von der Unabdingbarkeit des Sterbens. Denn "So wie das Leben Leben ist", ist der Tod der Tod. Zusammen stehen die beiden "hinter allen Türen, die geöffnet werden". Kein Anfang, ohne Ende. Kein Ende, ohne Anfang. Über den Tod muss man nicht diskutieren, man muss ihn auch nicht verwünschen oder sich vor ihm verstecken, denn der Tod ist untrennbar mit jedem Menschen, jedem Tier, jeder Pflanze verbunden. Denn wenn "es mich nicht mehr gäbe, wer soll dann Platz schaffen, für alles, was Wurzeln schlägt und wächst"?
Hier wird alles erzählt, jede Frage berührt: Tut sterben weh? Merkt man, wenn der Tod sich nähert? Komme ich in den Himmel? Werde ich begraben? Wiedergeboren? Kinder sollen wissen, was es bedeutet, wenn jemand stirbt. Denn das Nichtwissen ist es, was Angst macht. So die klare Botschaft der Autorin, die selbst in Kinderhospizen arbeitet und deren kluges Buch man zahlreiche kleine Leserinnen und Leser wünscht. Wohl auch deshalb ist dieses Buch in fröhlich-frischen Farben gehalten. Man nimmt es gerne in die Hand, hat Lust am Blättern, am Entdecken.

Frau Tod feiert das Leben

Jede Zeichnung ist dabei ein kleines Kunstwerk: Bunte Bleistiftzeichnungen getragen von feinen Details – bunte Vögel, rote Pilze, Kinder in Hasen- oder Katzenkostümen, Sterne, dazwischen kleine Fabelwesen. All das immer getaucht in ein Meer aus Blumen - rosafarben, gelb, weiß und blau nehmen sie dem Buch jede Schwere und Traurigkeit.
Letztendlich feiert Frau Tod das Leben! Indem sie ihre Leserinnen und Leser dazu auffordert, sie zu akzeptieren, macht sie auch deutlich: Nur ein ungelebtes Leben, eines ohne Liebe, ist ein echter Grund zum traurig sein. Denn Liebe stirbt nie, selbst wenn sie den Tod trifft!

Elisabeth Helland Larsen/Marine Schneider: Das Leben und ich: Eine Geschichte über den Tod
Übersetzt aus dem Norwegischen von Ursel Alleinstein
Kleine Gestalten, Berlin 2016
48 Seiten, 14,90 Euro

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