Amedeo Letizia und Paola Zanuttini: Sag nie, woher du kommst. Ein Leben im Schatten der Camorra.
Kunstmann Verlag, München
208 Seiten, 16,95 Euro
Mafiosi und Kapitalismuskritiker
Der Schauspieler und Filmproduzent Amedeo Letizia widmet sich denjenigen, die sich in und um Neapel dem organisierten Verbrechen verweigern. Bei dem Journalisten Gian Carlo Fusco geht nach Italien zurückgekehrte Ex-Mafiosi in den 40er-Jahren. Und Giorgio Galli würdigt Pier Paolo Pasolini als besonderen Intellektuellen.
Die Kleinstadt Casal di Principe, Wohnort und Schaltzentrale berüchtigter Camorra-Bosse, ist zu einem Synonym des organisierten Verbrechens geworden. Aber was passiert mit denjenigen, die sich diesem "System", wie die Camorra in Neapel und Umgebung genannt wird, verweigern?

Cover: Amedeo Letizia und Paola Zanutti, "Sag nie, woher du kommst. Ein Leben im Schatten der Camorra."© Kunstmann Verlag
Der Schauspieler und Filmproduzent Amedeo Letizia, gebürtiger Casalese und mittlerweile in Rom beheimatet, entkam dem Bann seiner Herkunft und begibt sich nun gemeinsam mit der norditalienischen Journalistin Paola Zanuttini auf Spurensuche.
Es ist ein schmerzhafter Prozess. Denn obwohl die alteingesessene Familie Letizia strikte Distanz hielt, kam es zu Verwicklungen. Durch Freundschaften, Gruppenzwang und bestimmte Vorstellungen von Männlichkeit gerieten die Söhne in gefährliches Fahrwasser; der Tod zweier Brüder Amedeos ist ungeklärt. Sprachlich manchmal etwas ungelenk, handelt es sich um ein bestürzendes Zeugnis davon, wie ein krimineller Kodex langsam in die Gesellschaft einsickert.
(Rezensiert von Maike Albarth)
Sie waren alt, hatten furchterregende Visagen und radebrechten in einer merkwürdigen Mischung aus Amerikanisch und süditalienischen Dialekten: die "Unerwünschten", ehemalige Emigranten, die in New York, Chicago oder Miami zu lokalen Mafia-Größen aufgestiegen waren und von den USA abgeschoben wurden.

Cover: Gian Carlo Fusco, "Die Unerwünschten. Als Amerika die Mafia nach Hause schickte"© Berenberg Verlag
Einige von ihnen hatten bei der Landung der Alliierten auf Sizilien ihre Finger im Spiel, andere schlugen sich in der fremd gewordenen Heimat als Eiskonditoren oder Handlanger durch. Eines teilten die Ex-Ganoven: die Neigung, ihre finstere Vergangenheit nach einigen Gläsern Whiskey zu glorifizieren.
Der Journalist Gian Carlo Fusco, 1915 in La Spezia geboren, ausgestattet mit einem Faible für die Unterwelt und ein glänzender Stilist, begab sich in den 40er-Jahren in die Gesellschaft dieser "Profiarbeiter der Gewalt" und ließ sich ihre Geschichten erzählen. Das Ergebnis sind schillernde Porträts einer unbekannten Spezies. Ein ganz anderes Italien-Buch!
Gian Carlo Fusco: Die Unerwünschten. Als Amerika die Mafia nach Hause schickte.
Berenberg Verlag, Berlin
149 Seiten, 20 Euro
(Rezensiert von Maike Albarth)
Anfang der 60er-Jahre begannen aufgrund der Luftverschmutzung und, vor allem auf dem Land, aufgrund der Verschmutzung des Wassers die Glühwürmchen zu verschwinden. So lautet eine der wesentlichen Stellen in Pasolinis Aufsatz über die Glühwürmchen. Der Schriftsteller, Regisseur und kulturkritische Essayist beschäftigte sich in seinen Schriften aus den Jahren 1968 bis 1975 – es waren die Wirtschaftswunderjahre in Italien - mit dem Kapitalismus.

Cover: Giorgio Galli, "Pasolini. Der dissidente Kommunist"© Laika Verlag
Pasolini beklagte nicht nur das Verschwinden der Glühwürmchen, sondern auch den Untergang der Kultur des Volkes und damit das Verschwinden von Werten, die das menschliche Zusammenleben regelten. Er beklagte die generelle Anpassung aller gesellschaftlichen Schichten an das neue Wirtschaftssystem.
Der Historiker und Politologe Giorgio Galli setzt sich in seinem neuen Buch mit Pasolinis politischen Gedanken auseinander. Galli erläutert und kritisiert Pasolini, würdigt ihn aber auch als besonderen Intellektuellen: Seine Äußerungen seien eine Vorwegnahme der Entwicklung Italiens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Giorgio Galli hat einen informativen und klugen Text über Pasolini und dessen Analyse der italienischen Gesellschaft der Nachkriegszeit verfasst.
Giorgio Galli: Pasolini – Der dissidente Kommunist – Die Aktualität eines politischen Gedankens
Laika Verlag, Hamburg Juni 2014
220 Seiten, 24 Euro
(Rezensiert von Ute-Christine Krupp)