Gesiegt und doch verloren. Ahron Bregman über Israel und die besetzten Gebiete, aus dem Englischen von Werner Roller, Orell-Füssli-Verlag Zürich, 384 Seiten, 24,95 Euro, auch als ebook erhältlich.
Israels verlorener Sieg in Palästina
Seine Dienstzeit in der israelische Armee ist lange her: Ahron Bregman hält die israelische Besatzung in Palästina aber immer noch für grausam. Es helfe nur noch Widerstand, um die israelische Politik zu ändern. Auch die Islamwissenschaftlerin Petra Wild sieht Israels Politik am Ende.
Er hält sie immer noch für grausam und brutal, die israelische Besatzung in Palästina. Ahron Bregman war selbst Soldat, nahm am Krieg im Libanon teil und wurde danach Reserve-Offizier, bis er sich 1987 dem Wehrdienst entzog, um nicht länger zum Einsatz in den besetzten Gebieten einberufen werden zu können.
In einem Leserbrief für die Zeitung "Haaretz" hatte er damals seinem Volk vorgeworfen, die gleichen Verbrechen an den Palästinensern zu begehen, wie sie einst andere Völker an den Juden verübt hätten – und war anschließend nach London ausgewandert, wo er seither als Politologe arbeitet.
Chronologisch erzählt er über die verschiedenen Phasen der militärischen Präsenz Israels im Westjordanland und im Gazastreifen von 1967, vom Sechs-Tage-Krieg an. Für ihn ist der springende Punkt, dass seine Landsleute bis heute bewusst gegen internationales Recht verstoßen würden, weil sie als Besatzungsmacht nicht den "status quo" bewahrt und die Rechte der Einwohner respektiert hätten.
Die israelische Politik sei über Jahrzehnte einem unentschlossenen Zickzackkurs gefolgt, einerseits eigene Siedlungen und Infrastruktur stetig auszubauen und anderseits gelegentlich den Willen zu bekunden, sich aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen.
Dadurch sei die Aussicht auf einen lebensfähigen palästinensischen Staat derart gesunken, dass nur noch Widerstand, eine dritte Intifada, helfen könne – verbunden mit internationalem Druck auf die israelischen Regierung, um die Idee der Zwei-Staaten-Lösung zu retten.
Ein Zwei-Staaten Modell, Palästina gleichberechtigt neben Israel, werde es nicht mehr geben. Denn der Friedensprozess von Oslo sei gescheitert, gleichsam von Israels Realpolitik hintertrieben worden. Petra Wild sieht dagegen gute Chancen für eine "Ein-Staat-Lösung". Wobei die Berliner Islamwissenschaftlerin diese alte Alternative radikal neu beschreibt.
Das zionistische Siedlerprojekt müsste beendet werden und Israel sich auflösen, damit Israelis und Palästinenser gemeinsam einen völlig neuen säkularen und demokratischen Staat gründen könnten. Er sollte unitarisch, nicht bi-national angelegt, also weder in ethnische noch religiöse Kantone geteilt sein.
Und vor allem dürften die palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimatregionen zurückkehren. Sie sollten entschädigt und vergangenes Unrecht strafverfolgt werden. Und schließlich würde der neue Staat ins Sozial- und Wirtschaftsgefüge eingreifen, um allen Bürger gleiche Startchancen zu bieten, also armen mehr als reichen.
Petra Wild glaubt, dass sich dieses Modell auf der Woge eines anschwellenden Protestes gegen die israelische Politik durchsetzen werde, so der Westen dies nicht aus geopolitischen Gründen verhindere.
Sie blickt auf die Region aus konsequent palästinensischer Sicht. Geradezu dogmatisch weist sie den Araber die Rolle der Opfer zu, die nicht in der Lage seien, sich den Folgen alter Kolonialpolitik zu entziehen und mit eigener Kraft die lang ersehnte Moderne zu gestalten.
Und sie hat den Israelis überhaupt nichts anzubieten, warum sie sich auf ein solches Abenteuer einlassen sollten – in einem Nahen Osten, der zwar Krieg, Terror und Diktatur kennt, aber kaum demokratische Tradition.
Ihre politische Analyse setzt allein darauf, dass Israels Regionalpolitik und Gründungsidee an ihr Ende gekommen seien.
Die Krise des Zionismus und die Ein-Staat-Lösung. Petra Wild über die Zukunft eines demokratischen Palästinas, 256 Seiten, 17,90 Euro, ebenfalls als ebook erhältlich.