Kritik am Verein Deutscher Sprache

Warum Kirsten Boie den Elbschwanenorden nicht will

05:17 Minuten
Die Schriftstellerin Kirsten Boie spricht im dpa-Interview.
Autorin Kirsten Boie möchte lieber nicht vom Verein Deutscher Sprache ausgezeichnet werden. © picture alliance / dpa / Markus Scholz
Rainer Moritz im Gespräch mit Andrea Gerk · 25.11.2020
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Die Autorin Kirsten Boie lehnt einen Preis des Vereins Deutscher Sprache ab: Äußerungen des Bundesvorsitzenden Krämer erinnern sie an Rechtspopulisten. Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses, kann diese Entscheidung gut nachvollziehen.
Der Hamburger Landesverband des Vereins Deutscher Sprache (VDS) vergibt alljährlich seinen Elbschwanenorden an Personen, "die sich um die Pflege und Förderung der deutschen Sprache besonders verdient gemacht haben".
Die vor allem für ihre Kinder- und Jugendbücher bereits mehrfach ausgezeichnete Kirsten Boie , die den Preis dieses Jahr bekommen sollte, lehnt die Ehrung jedoch ab. Begründung: Boie stören die an Rechtspopulisten erinnernden Äußerungen des VDS-Bundesvorsitzenden, Walter Krämer, der von "Genderwahn", "Lügenmedien" und "Überfremdung der deutschen Sprache" rede.
In ihrem Absagebrief an den Verein schreibt Boie auch: "Aber mehr noch als die verkürzte und realitätsfremde Vorstellung von Sprache, die sich in vielen Äußerungen zeigt, erschreckt mich, wie genau sie sich ausgerechnet in einer Zeit, in der wir mit Sorge einen Rechtsruck in Teilen der Bevölkerung beobachten müssen, in deren Argumentationsgänge einfügt".

Diese Absage sei "ihr gutes Recht", kommentiert Walter Krämer, Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache. "Wir sind in einem freien Land, da muss man keine Preise annehmen". Die Auszeichnung sei eine von etwa einem Dutzend regionaler Anerkennungen, die der Verein jährlich vergebe. "Wenn einer von den Geehrten denkt, es passt ihm nicht, dann passt es ihm oder ihr nicht", so Krämer.

"Der VDS war immer schon konservativ"

Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg und ebenfalls Preisträger des Elbschwanenordens, zeigt Verständnis für Boies Haltung. Der Verein Deutscher Sprache sei "immer schon konservativ" gewesen. Über Gendersternchen und ähnliche Themen könne und solle man durchaus diskutieren. Doch Krämers letzte Äußerungen schössen über das Ziel hinaus, sie seien "zu dick aufgetragen", sagt Moritz.
Die von Krämer geäußerte Kritik am "Genderwahn" sei "eine Fundgrube für all die, die gegen moderne und selbstverständliche Entwicklungen in einer Sprache sind. Deshalb kann ich Kirsten Boies Entscheidung gut verstehen". Es sei nachvollziehbar, dass sich Boie vor diesem Hintergrund "falsch ausgezeichnet" fühle.
(mkn)
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