Krim-Konflikt

Vor Russland muss man sich fürchten

Wladimir Putin bei seiner Pressekonferenz in Moskau.
Wladimir Putin © picture alliance / dpa / Alexey Nikolsky
Von Sabine Adler · 11.03.2014
Die Krim ist bereits besetzt, im Osten der Ukraine zittert man, dass auch Luhansk, Charkiw, gar Donezk folgen. Russischer Expansionspolitik wird Tür und Tor geöffnet - auch dank westlicher Öl- und Gaskäufe.
Die neue Regierung in Kiew versucht, alle Kräfte zu mobilisieren. Der Nationale Sicherheitsrat schlug dem Parlament die Gründung einer Nationalgarde vor, um die Polizei zu verstärken, das Land gegen innere und äußere Feinde zu schützen. Denn die Ukraine ist zwar flächenmäßig groß, aber militärisch schwach. Vor allem unter dem abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch wurde die Armee immer stiefmütterlicher behandelt, die Sondereinheiten der Polizei, die Berkut, dafür umso besser ausgerüstet. An die Oligarchen des Landes wurde heute appelliert, Geld für die Armee zu geben.
Solange Janukowitsch als Verfechter eines moskautreuen Kurses stand, trat die Schwäche des Heeres nicht zu Tage. Doch seitdem der russische Präsident Wladimir Putin der neuen, prowestlichen Regierung in Kiew den Krieg erklärt hat, ist der Ernstfall eingetreten.
Die Krim ist bereits besetzt, im Osten zittert man, dass auch Luhansk, Charkiw, gar Donezk folgen.
Der Aggressor Russland hat an Stärke gewonnen, auch weil wir im Westen Russlands Öl und Gas teuer bezahlt haben.
Der verantwortungslose Herrscher im Kreml stützt sich auf der Krim auf ein nicht minder verantwortungsloses Gespann von sogenanntem Premier und Parlamentspräsident. Die ließen heute das Marionettenparlament hinter verschlossenen Türen die Unabhängigkeit der Halbinsel deklarieren. Die sogenannten Volksvertreter schlugen damit den Menschen auf der Krim ein weiteres Mal ins Gesicht. Erst vorige Woche hatten sie sich für den Anschluss an Russland ausgesprochen. Was werden sie morgen beschließen? Wozu sollen die Bürger am Sonntag ihre Stimme geben?
Die "Volksabstimmung" wird ohne Zeugen durchgezogen
Das Referendum am 16. März ist so oder so ein Hohn. Die Machthaber wissen das, ziehen den Budenzauber dennoch durch. Allerdings wollen sie keine Zeugen. Sie sperrten den Luftraum, besetzen Bahnhöfe, verweigern internationalen Beobachtern den Zugang, prügeln Journalisten, lassen sie verschwinden, schalten alle ukrainischen Rundfunksender ab, dafür russische an. Was erwartet die Menschen auf der Krim, wenn eine Machtübernahme so beginnt?
Ein Blick nach Moskau gibt Aufschluss. Das dortige Parlament nickt ab, was Putin verlangt. So wird es kommende Woche geschehen, wenn die Staatsduma die Einverleibung der Krim beschließt und mit dem neuen Gesetz die angebliche Grundlage dafür schafft. Dann darf sich der Kreml ganz offiziell jedes Territorium unter den Nagel reißen, vorausgesetzt, man findet eine Clique, die sich für eine bestimmte Summe an die Macht putscht, den Anschluss an Moskau verkündet. Eine rechtmäßige Regierung muss nicht mehr gefragt werden. Russischer Expansionspolitik wird Tür und Tor geöffnet.
Die Regierung in Kiew hält an der Politik der Gewaltlosigkeit fest, sie will jedes Blutvergießen vermeiden, denn ihr ist bewusst, wie schnell sich eine Konfrontation auf der Krim in einen Krieg auswachsen kann.
Vor diesem Russland, das die Petrodollar stark gemacht hat, muss man sich fürchten, nicht nur in der Ukraine.
Wer es noch nicht wusste, weiß es hoffentlich jetzt: Energiepolitik ist auch Verteidigungspolitik.
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