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Konflikte

03:44 Minuten
Die Illustration zeigt die Gesichter zweier verärgerter Männer in Sprechblasen.
Die Gesichter zweier verärgerter Männer in Sprechblasen. © imago images / Panthermedia
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 03.01.2020
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Briten vermeiden es, Konflikte lautstark auszutragen. Die Franzosen lieben dagegen ein schönes Streitgespräch. In den USA versucht man, erstmal freundlich zu bleiben – bis man dann aber den Anwalt einschaltet.
Tim Aßmann in Tel Aviv:
"Konflikte werden in Israel grundsätzlich sehr offensiv ausgetragen. Wenn man unterschiedlicher Meinung ist, sagt man sich das. Das ist schon eine Ellenbogengesellschaft hier. Wenn sie sehen, dass aus zwei Spuren vor einer Kreuzung eine wird, dann habe ich schon erlebt, dass zwei Israelis auf diese Lücke zufahren. Die sehen sich auch, aber keiner gibt nach. Das ist so: Das ist mein Recht, das nehme ich mir. Du hast ein Problem damit, dann tragen wir das aus. Das ist hier keine Gesellschaft, die ihren Konflikten aus dem Wege geht."
Friedbert Meurer in London:
"Konflikte werden nicht ausgetragen. Es fällt Briten unglaublich schwer, Nein zu sagen. Mit Sicherheit streiten sich die Briten auch. Aber ich höre das von den Nachbarn nie. Briten werden es absolut vermeiden, Konflikte lautstark auszutragen. Konflikte werden sehr subtil mitgeteilt und nicht so kantenartig und brutal wie von uns Deutschen."
Nicole Markwald in Los Angeles:
"Im ersten Moment wird hier in den USA erstmal versucht nett zu bleiben und die Haltung zu bewahren. Ich hab das Gefühl, dass in den USA versucht wird, freundlich Konflikte zu lösen und das auch immer positiv zu formulieren. Gerade im Arbeitsleben. Aber wenn diese Phase vorbei ist, dann wird der Anwalt eingeschaltet. Da sind die Amerikaner wirklich speziell und auch ein bisschen roh und unbarmherzig."
Linda Staude in Nairobi:
"Auf der einen Seite haben Sie die Tradition, man muss den Menschen höflich gegenübertreten. Auf der anderen Seite haben Sie aber auch das Problem in Kenia, dass Konflikte gerade im häuslichen Bereich schnell in Gewalt umschlagen. Wenn es um einen Konflikt zwischen Volksgruppen geht in Kenia, das artet regelmäßig in Gewalt aus. Und das eskaliert brutal. Ich hab mal eine Geschichte schreiben müssen über ein Dorf, was ausgerottet wurde von den Nachbarn. Und der Anfang dieses Konfliktes waren zwei gestohlene Kühe. Ich haue meinem Nachbarn eins auf den Schädel, der rächt sich mit Mord an einem anderen. Und am Ende stand ein Massaker."
Jürgen König, Paris:
"In Frankreich wird bei Konflikten sehr viel länger diskutiert. Gerne auch heftig und pathetisch, aber immer mit Argumenten. Was ich sehr schön finde, dass die Wirkung verstärkt wird, indem so oft wie möglich die persönliche Anrede eingeflochten wird. Dadurch wird einerseits immer etwas Druck ausgeübt, aber gleichzeitig kann sich auch deshalb ein solches Streitgespräch sehr in die Länge ziehen. Wenn ich das mit aller gebotenen Höflichkeit sagen darf: Die Franzosen sind rechthaberisch. Sie sind schon auch kompromissbereit, aber sie haben oft einfach keine Lust dazu. Vielleicht weil das Weiterstreiten viel mehr Spaß macht, als jetzt zu sagen: Ok, wir treffen uns in der Mitte und dann ist es das. Wäre ja schade um das schöne Streitgespräch."

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