Claudia Rinke: Kinder sprechen mit dem Dalai Lama: Wie wir eine bessere Welt erschaffen
C.H.Beck Verlag, München 2015
158 Seiten mit 20 farbigen Abbildungen, 18,95 Euro
Waren Sie schon mal verliebt, Eure Heiligkeit?
Was macht den Menschen Tenzin Gyatso aus, der als Dalai Lama der höchste tibetische Würdenträger ist? Claudia Rinke präsentiert in ihrem Buch "Kinder sprechen mit dem Dalai Lama" kindgerecht dessen Leben, Haltungen und Antworten auf Kinderfragen. Dabei zeigt er sich als höchst nüchterner Zeitgenosse.
Hat er sich schon einmal verliebt? Was treibt er so in seiner Freizeit? Könnte er nach seinem Tod auch als Christ oder als Muslim wiedergeboren werden? "Kinder sprechen mit dem Dalai Lama" heißt ein neues Buch aus dem C.H.Beck Verlag - und was immer der neugierige Nachwuchs fragt, der höchste tibetische Würdenträger beantwortet es augenzwinkernd und ernsthaft.
Junge Leserinnen und Leser finden in dem liebevoll aufgemachten Buch eine umfangreiche Begegnung nicht nur mit dem Menschen Tenzin Gyatso und seiner spannenden Lebensgeschichte zwischen tibetischem Hochland und Weltpolitik, sondern auch mit dem Buddhismus selbst.
Claudia Rinke erklärt die "Religion ohne Gott" in einfachen Worten und präsentiert Vorträge des Dalai Lama, die seine politischen und ethischen Haltungen kindgerecht zum Ausdruck bringen. Lebendig lesen sich vor allem die Passagen, in denen der berühmte Mönch auf Kinderfragen antwortet. Im Gegensatz zu dem lieblichen Image, das ihm im Westen oft verpasst wird, zeigt er sich hier als ein im Grunde seines Herzens höchst nüchterner Zeitgenosse, vielleicht weil seine Religion es darauf anlegt, ihren Anhängern harte Wahrheiten möglichst ungeschminkt anzutragen.
Der Dalai Lama mit dem Luftgewehr
Auf die Frage, ob er als Dalai Lama wiedergeboren werde, erklärt Tenzin Gyatso, dieses Amt sei ebenso vergänglich wie alles andere auch. Schon jetzt hat er sich sämtlicher politischer Ansprüche entledigt und in der Exilregierung für demokratische Verhältnisse gesorgt. Ob er manchmal wütend werde, möchten die Kinder wissen. Na klar, sagt der Dalai Lama. Und dann erzählt er, dass er gern die Singvögel in seinem Garten füttert. Wenn sich ein Raubvogel zum Angriff nähert, holt er sein Luftgewehr und schießt zur Abschreckung in den Himmel. Was für eine erstaunliche Vorstellung: Der Dalai Lama mit dem Gewehr in der Hand.
Unterstrichen wird der nüchterne Touch des Buches von den schlicht schönen Grafiken, gehalten in verschiedenen Abstufungen von Grau und Orange. Illustrator Jens Bonnke bietet Auflockerung, Schmunzeln, Nachdenkliches. Wir sehen den Dalai Lama als Sprayer, der seine Botschaften an rissige Mauern sprüht. Auf einem anderen Bild ist ein Wegweiser zum "Glück" zu sehen. Einer? Viele sind es, die in allen möglichen Schriftzügen in alle möglichen Richtungen zeigen.
Fünf Stunden Gebet am Tag
Tue Gutes, beherrsche dich, erforsche dein Herz, sei freundlich zu anderen, erkunde den gegenwärtigen Moment, suche die einfachen Freuden. So mancher fromme Satz des Tibeters, der auf den ersten Blick banal wirken mag, gewinnt sein Gewicht dadurch, dass einer tatsächlich versucht, das täglich umzusetzen, wieder und wieder, egal was kommt. Der Dalai Lama betet nicht nur fünf Stunden am Tag, lernt man hier - er steht dann auch auf und stellt sich differenziert und weltoffen den immensen Herausforderungen seines Amtes.
Verliebt war der Dalai Lama übrigens noch nie. Sagt er. Nicht einmal in seinen Träumen. Manchmal besucht er einen Freund und wenn er ihn wieder besucht, ist der schon mit einer anderen Frau verheiratet. Da scheint ihm das Leben als Mönch doch ruhiger und stabiler zu sein.