Muldoon, Graham, Cant: "Feeding the Machine"
© HarperCollins
Die bittere Arbeitswelt hinter künstlicher Intelligenz
05:53 Minuten

James Muldoon, Mark Graham, Callum Cant
Aus dem Englischen von Stephan Pauli
Feeding the Machine. Hinter den Kulissen der KI-ImperienHarperCollins, Hamburg 2025320 Seiten
24,00 Euro
KI wird oft unter Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen geschaffen. Das beschreiben die Forscher James Muldoon, Mark Graham und Callum Cant in ihrem Buch „Feeding the Machine“ – und machen Vorschläge, wie das sich ändern ließe.
Das Unbehagen gegenüber künstlicher Intelligenz wächst. Was, wenn sie Fehlentscheidungen trifft? Wenn sie mehr Arbeitsplätze vernichtet, als neue schafft und mit ihrem Energiehunger den Klimawandel weiter forciert? Und sich am Ende gar den Menschen zum Untertan macht? Risiken wie diese rücken zunehmend ins Bewusstsein. Der Ruf nach Kontrolle wird deshalb lauter. Aber wie überhaupt den Durchblick bekommen in diesem komplexen, unübersichtlichen Feld? Und wo genau soll man eigentlich ansetzen mit der Kritik an künstlicher Intelligenz?
Zum Beispiel bei ihrer Herstellung, sagen die britischen Forscher James Muldoon, Mark Graham und Callum Cant. Und wollen deshalb darüber aufklären, wie KI produziert und eingesetzt wird. Dafür haben sie sieben Menschen in ihrem Arbeitsalltag begleitet. Alle sind auf verschiedene Weise an der Entstehung von KI beteiligt – als Ingenieurin von Sprachmodellen, Techniker im Rechenzentrum, Investor oder Künstlerin.
Viele von ihnen erleben bereits jetzt, wie künstliche Intelligenz ihr Leben einschränkt – ohne dass dies öffentlich groß wahrgenommen wird. Die Hoffnung der Forscher: Je mehr bekannt ist über die ausbeuterischen Strukturen bei der Produktion von KI, desto besser kann die Gesellschaft dagegen vorgehen.
Billigjobs im Bereich künstliche Intelligenz
Der Bedarf nach Veränderung jedenfalls ist groß, wie die drei Wissenschaftler vom Oxford Internet Institute und der University of Essex zeigen. Zehn Jahre lang haben sie dazu geforscht, rund zweihundert Interviews mit Betroffenen geführt. In Uganda etwa treffen sie Anita, die als Datenannotatorin ganz unten in der KI-Produktionskette steht.
Zwar ist ihre Arbeit unerlässlich: Sie kuratiert im Akkord Daten, die zum Training selbstfahrender Autos gebraucht werden. Ihr Einkommen aber beträgt nur zwei Dollar pro Stunde, auch kann man sie jederzeit kündigen. Ähnlich prekär: die Arbeit von Alex, der in England im Warenlager von Amazon Pakete scannt. Für diese Tätigkeit wurde extra ein KI-Programm entwickelt, das ihn und seine Kollegen nicht nur nonstop überwacht, sondern auch permanent das Arbeitstempo „optimiert“.
Milliardengewinne – auf Kosten von Mensch und Umwelt
Doch es geht Muldoon, Graham und Cant nicht nur um die erschütternden Geschichten Einzelner. Jede Schilderung verbinden sie mit einer Analyse der weltumspannenden Produktionsbedingungen, zeigen, wie die verschiedenen Bereiche ineinandergreifen und wie unangemessen hoch der Einsatz von Mensch und Umwelt ist, nur damit die großen Tech-Unternehmen Milliardengewinne machen können.
Dass dies nicht so bleiben muss, davon sind die Wissenschaftler überzeugt – und machen deshalb fünf Vorschläge, was etwa Datenarbeiter und der Staat tun können, um den bestehenden Machtverhältnissen kollektiv etwas entgegenzusetzen. Angefangen bei der internationalen Vernetzung von Gewerkschaften über die Gründung von Arbeiterkooperativen bis hin zu einer Gesetzgebung, die den Arbeitenden mehr Rechte einräumt. Auch die Verbraucher, so die Mahnung dieses wichtigen Buches, müssten Druck ausüben, damit die KI-Maschine „neu verdrahtet wird“.
Dass dies nicht so bleiben muss, davon sind die Wissenschaftler überzeugt – und machen deshalb fünf Vorschläge, was etwa Datenarbeiter und der Staat tun können, um den bestehenden Machtverhältnissen kollektiv etwas entgegenzusetzen. Angefangen bei der internationalen Vernetzung von Gewerkschaften über die Gründung von Arbeiterkooperativen bis hin zu einer Gesetzgebung, die den Arbeitenden mehr Rechte einräumt. Auch die Verbraucher, so die Mahnung dieses wichtigen Buches, müssten Druck ausüben, damit die KI-Maschine „neu verdrahtet wird“.