Ich bin nie zu Hause, außer auf der Autobahn zwischen Deutschland und Kosovo.
Wortmeldungen-Preisträgerin
In Deutschland und in der Heimat ihrer Eltern eine Heimatlose: Jonë Zhitia. Ein Zustand, den schon Dostojewski beschrieben habe, komme ihrem Gefühl nahe. © Jonë Zhitia
Heimatlos - immer kurz vorm endgültigen Zerreißen
07:28 Minuten
Jonë Zhitia im Gespräch mit Frank Meyer · 28.11.2022
Wie lassen sich Flucht, Exil und Heimatlosigkeit in Worte fassen? Um diese Frage ging es beim Wettbewerb zum Wortmeldungen-Förderpreis. Gewinnerin Jonë Zhitia ist in Albanien und Deutschland aufgewachsen. Sie sagt, ankommen könne sie nur unterwegs.
Die deutsch-albanische Autorin Jonë Zhitia ist wie Juli Mahid Carly und Irina Nekrasov mit dem Förderpreis Wortmeldungen ausgezeichnet worden. Der Literaturpreis für kritische Kurztexte wurde in diesem Jahr zum Thema Heimatlosigkeit und Exil ausgeschrieben. Jonë Zhitia beschreibt in ihrem prämierten Text "Nadryw" ihre rastlose Kindheit.
Konflikt der inneren Zerrissenheit
Dostojewski habe einen Zustand als "Nadryw" beschrieben, der ihrem Gefühl nahekomme, sagt Jonë Zhitia: Ein Zustand „vor dem endgültigen Zerreißen“, der Prozess, immer kurz davor zu sein, zu zerbrechen.
Diesen Zustand verbinde sie mit ihrem Leben, geprägt vom Hin- und Herfahren zwischen Deutschland und Albanien, der Heimat ihrer Eltern. Kosovo sei das Land, aus dem ihre Eltern geflohen seien.
Diese Textzeile drücke aus, wie sehr sie zwischen den Kulturen stehe, sagt Zhitia: Je nach Ort immer mit dem gleichen Manko, „zu deutsch“ oder „zu albanisch“ zu sein. Sowohl die Familie als auch das Land, in dem sie wohne „zerrten kontinuierlich“ an ihr, sagt sie: „Nur, wenn man unterwegs ist, kann man ankommen.“