Johannes Groschupf: "Die Stunde der Hyänen"

Der Messias von Kreuzberg

Das Buchcover des Krimis von Johannes Groschupf, "Die Stunde der Hyänen". Es zeigt ein rotes, brennendes Auto auf einer schmuddeligen Straße bei Nacht, im Hintergrund ist ein Backsteingebäude im Fabrikstil zu erkennen. Das Buch ist auf der Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur.
© Suhrkamp

Johannes Groschupf

Die Stunde der HyänenSuhrkamp, Berlin 2022

265 Seiten

16,00 Euro

Von Tobias Gohlis · 01.12.2022
Brandstifter im nächtlichen Berlin: Johannes Groschupf erzählt in seinem neuen Kriminalroman „Die Stunde der Hyänen“ von Seelenraub, Erpressung und Missbrauch.
Wer „Die Stunde der Hyänen“ von Johannes Groschupf liest, riskiert ein Schleudertrauma, so unverhofft wechseln die Perspektiven, so unerwartet ändern sich Pläne und Chancen der Figuren.
Dabei sind eigentlich nur fünf dabei im nächtlichen Spiel in Berlin-Kreuzberg: Da ist einmal das Paar Britta und Maurice, beide aufgewachsen und gefangen in der hermetisch geschlossenen Sektenwelt der „Jünger Jahwes“. Da ist zum anderen der polnische Fernfahrer Radek, der alkoholisiert eine Radfahrerin überfahren hat.
Und dann gibt es noch die beiden Ermittlerinnen Jette Geppert, Journalistin, die nie ein Gesicht vergisst, und Romina Winter, wegen großer Klappe versetzt ins Branddezernat. Sie treffen meist nachts zusammen, in der Stunde der Hyänen, wenn es in Kreuzberg wieder brennt.

Plötzlich steht der Bulli in Flammen

Denn nicht nur am 1. Mai, sondern auch in diesem Februar brennt es in Berlin. Radek wacht auf, weil der Bulli, in dem er haust, in Flammen steht. Brennend kann er sich retten.
Während er schreiend die Flammen zu ersticken versucht, sieht er in einer Toreinfahrt Maurice, den Postbotenanwärter und offenkundigen Brandstifter masturbieren, entzückt und beschämt.
Um Entzückung und Beschämung, um Hoffnungen und Unterdrückung, um Glauben und Aberglauben geht es in den beiden Geschichten, die Groschupf in „Die Stunde der Hyänen“ miteinander verquickt.
Radek wird im Feuer neu geboren, wirft seine alte Trinkerseele weg und ist von nun an der „polnische Messias“. Aber er ist auch der Zeuge, der den Brandstifter Maurice anzeigen kann. Der ist mit Britta in der Sekte und in Liebe verbunden. Aber die Gemeindeältesten verbieten ihr Zusammensein, Britta gehört nämlich ihnen allein. Seit sie zwölf ist.

Ein reinigendes Feuer

Erpressung, Seelenzerstörung, Missbrauch – alles von Groschupf in klarer, erdnaher, bodenständiger Sprache gefasst. Sonst wären die Exzesse an psychischer Gewalt und Verrat nicht zu ertragen. Der Kampf aller gegen alle um einen Hauch Anerkennung, um einen Fleck, an dem sie sie sein können, endet wie im Märchen: in einem reinigenden Feuer. In dessen Rauch das Böse sich auflöst.

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Einfach wunderbar. Johannes Groschupf hat nach „Berlin Prepper“ und „Berlin Heat“ in seinem dritten Kriminalroman einen neuen Weg eingeschlagen, und der führt zu ganz Großem.
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