Johan Eklöf: „Das Verschwinden der Nacht"

    Plädoyer für die Finsternis

    05:35 Minuten
    Cover von Johan Eklöfs Buch „Das Verschwinden der Nacht", auf dem eine Eule zu sehen ist.
    © Droemer & Knaur

    Johan Eklöf

    Aus dem Schwedischen von Ulrike Sterath-Bolz

    Das Verschwinden der Nacht. Wie künstliches Licht die uralten Rhythmen unserer Natur zerstörtDroemer Verlag, München 2022

    240 Seiten

    22,00 Euro

    Von Michael Lange · 22.09.2022
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    Nachtfalter und Fledermäuse brauchen die Dunkelheit zum Überleben, und auch der Mensch nimmt Schaden, wenn der natürliche Wechsel von Tag und Nacht aus den Fugen gerät. In seinem neuen Buch fordert der Zoologe Johan Eklöf, das Licht abzuschalten.
    Gerne wandert der Fledermausexperte Johan Eklöf durch die dunkle Nacht oder klettert nach Sonnenuntergang in unbeleuchtete Kirchtürme. Hier findet er die letzten Fledermäuse. Ihre Existenz und die vieler Insekten ist akut bedroht, weil immer mehr Gebäude nachts durch starke Strahler erhellt werden. Fledermäuse trauen sich nicht zur Jagd ins Freie, wenn helles Licht die Landschaft verändert. Mit guten Argumenten fordert Johan Eklöf nachdrücklich weniger Beleuchtung und die Rückkehr zu nächtlicher Dunkelheit.

    Die Nacht als ökologische Nische  

    Verständlich, unterhaltsam und mit kleinen Geschichten beweist er: Die Folgen der elektrischen Beleuchtung auf die Biologie sind dramatisch. Laternen saugen Insekten regelrecht an, wie ein Staubsauger. Nachtfalter, die sonst zielsicher auf Duftstraßen durch die Dunkelheit navigieren, verlieren die Orientierung, wenn neben dem Mond andere Lichtquellen die Nacht erhellen. Sie kreisen unermüdlich um Straßenlaternen, bis sie verwirrt zugrunde gehen.
    Längst wurde die Lichtverschmutzung als eine Hauptursache für das Insektensterben entlarvt. Durch Stadtbeleuchtung, Autoscheinwerfer oder Leuchtreklamen wird der Lebensraum aller nachtaktiven Geschöpfe grundlegend verändert. Ihre ökologische Nische, die Dunkelheit, wird zunehmend zerstört.
    Viele Arten sind deshalb vom Aussterben bedroht. Aber auch tagaktive Organismen wie wir Menschen nehmen durch nächtliches Licht Schaden, schreibt Johan Eklöf. In Millionen Jahren hat sich unsere innere Uhr an den Wechsel von Tag und Nacht angepasst. Helles Licht zerstört unsere natürliche Nachtruhe, und immer mehr Menschen leiden unter Schlafstörungen.

    Wenn die Sterne verschwinden

    Anhand vieler Beispiele beschreibt Eklöf, was uns verloren geht, wenn wir weiter die nächtliche Welt erhellen. So haben wir unseren Nachthimmel bereits zum größten Teil zerstört. Längst umhüllen Lichtkuppeln unsere Städte. Nur wenige Sterne sind als verschmierte Lichtpunkte zu erkennen, wo früher die Milchstraße und unzählige Sterne den Nachthimmel füllten. Und die Lichtverschmutzung nimmt immer weiter zu.
    Eklöfs Geschichten stammen meist aus seiner Heimat Schweden, sind aber von allgemeiner Gültigkeit. Seine Forderung nach weniger Licht gilt längst für alle Regionen der Welt. Natürlich weiß er, dass unsere Kultur und unsere Wirtschaft vom Nachtleben profitieren. Ohne künstliches Licht geht es nicht mehr. Aber etwas weniger könnte es schon sein. Allein wenn LEDs nicht mehr grelles, blau-weißes Licht ausstrahlen würden, sondern sanftes gelb-rotes, wäre schon viel gewonnen.
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