Jean-Pierre Collot spielt Jean Barraqué

Regenbogenfarben und Schwarze Löcher

Das Foto zeigt den französichen Komponisten Jean Barraqué zuhause, lesend, im Dezember 1960.
Jean Barraqué bei der Lektüre von Hermann Brochs Roman: "Der Tod des Vergil", der zum Bezugspunkt für sein gesamtes kompositorisches Schaffen wurde © picture alliance / akg-images
Von Carolin Naujocks · 11.04.2019
Jean Barraqués 1950-52 entstandene Sonate für Klavier gilt als zentrales Werk des Serialismus. Sie ist deshalb so bedeutend, weil sie bereits im Moment ihrer Entstehung über die Grenzen serieller Technikkonzeption hinauswies.
Neben Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen war der französische Komponist Jean Barraqué einer der wichtigsten Vertreter seriellen Komponierens, wobei er zugleich darin eine Sonderstellung behauptete. Denn unabhängig von den gegenläufigen Tendenzen zum Ende der 50er Jahre hatte er bis zuletzt am seriellen Prinzip festgehalten - eine Konsequenz, die sich vor allem aus dem freien, unorthodoxen Umgang mit dieser Technik erlaubte.
Barraqué hatte einen durchaus emphatischen Musikbegriff: "Die Musik", sagte er, "das ist Drama, Pathetik, Tod. Es ist das letzte Spiel, das Zittern bis zum Selbstmord. Wenn die Musik nicht so ist, wenn sie nicht über alle Grenzen hinausgeht, so ist sie nichts."

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"Für diese Sonate wollte ich den großen pianistischen Stil einsetzen, wie man ihn vielleicht im letzten Jahrhundert kannte. Ein außergewöhnlich luxuriöser Klavierstil." Dabei ist das Werk frei von Romantizismen, denn Ausdruck entsteht bei Barraqué nicht durch den Einsatz expressiver Topoi, sondern aus der Struktur der Musik heraus.

Meditation über die Musik

Der französische Pianist Jean-Pierre Collot hat Barraqués gesamtes Klavierwerk erarbeitet. Zur 40-minütigen Klaviersonate schreibt er:
"Stellen wir uns eine Farbe des Regenbogens vor, die zeitgleich außerdem jede andere Farbe einschließt, oder vielleicht einen Raum, der sich zu imaginären Räumen hin öffnet, nicht im Sinne eines poetischen Traumes, sondern stattdessen in einem mathematischen Sinne, in einem, man möchte sagen, "florenskischen" Sinne einer Öffnung hin zu einem anderen Ort, in dem andere Regeln gelten."
(nau)
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